Bitmap Brothers – Die britischen Rock Stars der Arcade-Games

by Pandur

Die Bitmap Brothers waren im gewissen Sinne schon immer stark wie ein Publisher gewesen, denn sie produzierten ihre Spiele nie mit den gleichen Teams. Was größtenteils daran lag, das parallel zwei oder drei Spiele gleichzeitig in der Entwicklung waren, worum sich einer der Drei primär kümmerte. Zudem pendelten manche Mitarbeiter auch zwischen den Bitmap Brothers und anderen Firmen, wie z.B. Robert Trevellyan, der Speedball 2 und Chaos Engine 2 programmierte oder Gary Carr, welcher für verschiedene Spiele zwischen Bullfrog und den Bitmap Brothers hin und her wechselte.
In dieser Tradition war Magic Pockets der Auftritt von Sean Griffith. Sean hatte mit Speedball 2 Künstler Daniel Malone bei Palace Software gearbeitet und durch ihn seinen Weg zu den Bitmaps gefunden. Nachdem Sean seine Azubi-Zeit bei Cadaver überstanden hatte, designte er mit Eric Mathews zusammen ein Jump’n’Run, bei dem sie sich an Taitos Rainbow Islands orientierten. Die Bitmap Kid getaufte Spielfigur schleuderte keine Regenbögen aus der Tasche, sondern in jeder Welt andere Elementarwaffen, von Wirbelstürmen, über Wolken, die in Wasser zerplatzten bis hin zu Eiswürfeln. Die größer und stärker wurden, wenn der Spieler den Feuerbutton gedrückt hielt. Derart bewaffnet sprang oder flog das Bitmap Kid an Kaugummiblasen durch die Level, die sich angeblich in seiner Hose befanden. Eine abstruse Logik, aber laut der Geschichte von Magic Pockets sammelte das Bitmap Kid seinen endlosen Taschen Spielzeuge und eines Tages stahl eine Kreatur darin die Spielzeuge, weshalb das Bitmap Kid sich auf das Abenteuer begab, die Spielzeuge zurück zu holen.
Durch das Musiklabel als Mutter der Firma war es wohl unausweichlich, dass die nächsten Bitmap Brothers Spiele wieder von Musikern unterstützt wurden. Im Fall von Magic Pockets war es Betty Boo, die im Spiel „Doin‘ the Do“ sang. Zudem bekam Magic Pockets Promotion durch die Kinder-Fernsehsendung Motormouth. Die Samstags Morgens im britischen Fernsehen lief und in der Anrufer durch Kommandos wie Laufen, Springen und Schießen bereits den ersten Level spielen konnten, als das Spiel selbst noch in der Entwicklung war. Das trug zweifellos zur Popularität von Magic Pockets bei. Doch auf ohne das Junge Publikum bekam es im Oktober 1991 Wertungen von 85% bis 94%.

Bei den meisten Bitmap Brothers Titeln hatte einer des Trios bereits haufenweise Kram gecodet und die Spielmechaniken bis ins feinste Detail ausgearbeitet, bevor ein Künstler die roten und grünen Blöcke gegen echte Grafiken austauschte. Aber als Xenon 2 fertig war, bekam Künstler Mark Coleman Ende 89 die Aufgabe einen altgriechischen Krieger mit mystischen Welten für ein Plattform Game zu entwerfen. Er hatte die völlige Freiheit Umfang und Anzahl der Level festzulegen, indem er sie schlichtweg zeichnete. Es entstanden Level mit unzähligen verschiedenen Gegnertypen und Rätseln. Die Vielfalt führte im Nachhinein zu Speicherproblemen, weshalb Todessequenzen für die Feinde außer Frage standen. Aber die Bitmap Brothers produzierten ohnehin keine blutigen Spiele. So explodierten alle Feinde beim Tod einfach in Totenschädeln.
Der eigentliche Kick hinter Gods war jedoch erneut die KI. Was nur wenige Spieler bemerkten. Gods passte sich dem Verhalten des Spielers an. Je schlauer der Spieler war, je besser er kämpfen konnte, desto mehr bot das Spiel zu erkunden. Stellte er sich hingegen richtig dämlich an, spielten die Feinde ebenfalls blöd und das Spiel schleuderte ihm Drops vor die Füße. Eine Mechanik, die auch schon in früheren Bitmap Brothers Spielen integriert war, in Gods jedoch verstärkt zum Einsatz kam. Puzzles des Spiels wurden von Events überwacht, die ständig drei oder vier Spielervariablen prüften. Ob der Spieler einen Schlüssel hatte, wie viel Gesundheit er besaß, wie viele Punkte er schon erreicht hatte und und und. Das gestattete es den Bitmaps Spieler fürs richtige Lösen eines Puzzles zu belohnen, oder ihnen automatisch zu helfen, damit sie nicht dauerhaft feststeckten. Abgesehen von Puzzles steuerte die KI ebenso Feinde. Je nach Verhalten des Spielers passten sich Platzierung, Anzahl und die Abstände zwischen den Angriffen an, sowie ihre Bewegungsmuster. Dieses Gegnerverhalten ließ sich bis zu einem unmöglich zu bewältigenden Schwierigkeitsgrad anheben. Etwas was Gods normalerweise jedoch nicht tat, es sei denn der Spieler hatte Gods illegal kopiert. Dann wechselte das Spiel zu unschaffbar und stoppte den Raubkopierer spätestens beim ersten Endgegner. Was den Bitmap Brothers unzählige Beschwerden über den hohen Schwierigkeitsgrad einbrachte. Aber wann immer sie den Anrufer baten, die Disketten zu Analysezwecken einzuschicken, blieben weitere Reaktionen aus.
Als Gods im März 1991 die Öffentlichkeit erreichte, lobten die Tester die cleveren Gegner, den adaptiven Schwierigkeitsgrad und die kleinen Puzzle-Elemente des Plattformers. Wie gewohnt heimste Gods Wertungen von 90% und höher ein. Das Spielkonzept wurde mit Factor 5’s Turrican verglichen und die Originalität der Welt mit Psygnosis‘ The Killing Game Show.

1990 brachten William Gibson und Bruce Sterling ein Buch heraus, was die Bitmap Brothers gleich in doppelter Hinsicht inspirierte: Die Differenzmaschine. Der Roman spielte in einem alternativen viktorianischen England, wo Dampfcomputer zu einem jähen Fortschritt und selbst denkenden Maschinen geführt hatten. Mit The Chaos Engine griffen die Bitmaps das H.G. Wells mäßige Konzept auf und Dan Malone manifestierte es in einem Steampunk Stil. In der Bitmap Brothers Version der Differenzmaschine strandete ein Zeitreisender aus der nahen Zukunft im England des späten 18. Jahrhundert und seine Technologie fiel in die Hände des Erfinders Baron Fortesque, der per Reverse-Engineering futuristische Technik und die Chaos Engine erschuf. Wie in Endzeit-Geschichten üblich, entwickelte die Chaos Engine ein Bewusstsein, wendete sich gegen Baron Fortesque und begann prähistorische Wesen wiederzubeleben, um die Menschheit auszulöschen. Das Spiel schickte deshalb sechs Helden auf die Jagd in diese nuklear zerstörte viktorianische Welt mit einem Gauntlett Spielprinzip. Doch Gauntlett mit besserer Grafik hätte noch kein gutes Spiel ausgemacht. Es fehlte der Bitmap Brothers Touch. Deshalb sollte The Chaos Engine die KI-Prinzipien von Gods weiter ausweiten. Wie schon in Gods konnten in jedem Level, Gold, Schlüssel und Power-Ups eingesammelt, sowie kleine Puzzles gelöst werden. Das Ziel jedes Levels war die Aktivierung kleiner Energiesäulen, die den Ausgang öffneten. Aber der Kick sollte dieses Mal in Form eines richtigen Spielers daher kommen, dem Computer Controlled Player. The Chaos Engine wurde ein für zwei Spieler ausgelegter Shooter, der jedoch ebenso von einem Spieler gespielt werden konnte. Die zweite Spielfigur wurde schlichtweg vom Computer koordiniert und unterstützte den eigentlichen Spieler, als ob sie echt wäre. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, bekamen der Brigand, Gentleman, Mercenary, Navvie, Preacher und Thug Held unterschiedliches Verhalten, wenn sie vom Computer gesteuert wurden. Eine Monsteraufgabe die Mike Montgomery beinahe zwei Jahre kostete. Aber das Ergebnis lohnte sich. Beim bloßen Hinsehen war kaum zu erkennen, welcher Charakter vom Spieler gesteuert wurde und welcher nicht.
Als The Chaos Engine im März 1993 erschien wurde es als nicht ganz so bahnbrechend angesehen, wie frühere Bitmap Brothers Spiele. Die Amiga Version bekam aber trotzdem überwiegend 90% Wertungen und es wurde auf mehreren Systemen zum Spiel des Jahres gewählt.

An dieser Stelle der Firmengeschichte, wäre es wahrscheinlich besser gewesen, wenn sich die Bitmap Brothers zur Ruhe gesetzt hätten. Denn trotz der Anfänge und Portierungen auf den Atari ST und ab 93 auch auf Konsolen wie das Sega Mega Drive oder Super Nintendo, waren die Bitmaps primär Amiga Entwickler. Nur bedauerlicherweise zeichnete sich bereits das Ende der Amiga Herrschaft ab. Commodore versuchte mit dem aufstrebenden PC Markt und der CD-ROM Technik mitzuhalten, indem sie das CDTV und das Amiga CD32 entwickelten. Aber letztlich sollten sie ein Jahr nach dem The Chaos Engine Release im April 1994 pleite gehen.

You may also like

Cookies sind für die korrekte Funktionsweise einer Website wichtig. Wir verwenden diese zur Personalisierung von Inhalten und Anzeigen, zur Einbindung von sozialen Medien sowie für Zugriffsanalysen auf unsere Website. Mit der Nutzung unserer Dienste erklärt ihr euch damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Klickt auf "Ich stimme zu" um dies zu akzeptieren oder lest "Datenschutzeinstellungen" zu den von uns verwendeten Arten von Cookies. Ich stimme zu Datenschutzeinstellungen