Abgesehen von John Madden Football brachte 1988 noch zwei weitere wichtige Ereignisse mit sich. In den USA knüpfte EA zum ersten Mal Kontakt mit den Westwood Studios, wodurch das Rollenspiel Mars Saga entstand. Und in Europa nahmen sie sich der bislang unbekannten Firma Bullfrog an. Deren erstes Spiel Fusion war zwar noch kein Hit, aber Grund genug weiter mit dem jungen Peter Molyneux in Verbindung zu bleiben.
Auf der anderen Seite trennten sich zwei Hits-produzierende-Studios von Electronic Arts, weil Konkurrent Activision ihnen bessere Gewinnbeteiligungen an den eigenen Spielen zahlte. Das erste Studio war Dynamix. Sie lieferten EA 1988 neben Abrams Battle Tank noch die Caveman Ughlympics. Die zweite Firma war Rollenspiel-Ikone Interplay. Sie waren auch 86 mit Bard’s Tale II: The Destiny Knight wieder für einen stattlichen Teil von EAs Jahresumsatz verantwortlich gewesen und 1988 sollte das noch mal toppen. Nach Micheal Cranfords Abschied von der Bard’s Tale Reihe hatte Rebecca Heinemann mit drei weiteren Kollegen bei Interplay die Entwicklung des dritten Bardenspiels übernommen, während Brian Fargo eine ganz neue Rollenspielreihe startete. An Wasteland arbeitete bei Interplay sogar ein fünfzehnköpfiges Team, um ein Open World RPG zu programmieren, das in seiner gigantischen Welt erstmalig den Zustand der Dungeons speicherte und nicht einfach alles resetete, sobald der Spieler mit dem Abschnitt durch war. Das düstere postapokalyptisches Rollenspiel stand in krassem Kontrast zu den typischen knuffeligen Spielen der damaligen Zeit und wurde gerade deshalb zu einem enormen Kassenschlager. Mit Bard’s Tale III: Thief of Fate und Wasteland war Interplay 1988 für ca. 10% von Electronic Arts Jahresumsatz verantwortlich. Aber Interplays Battle Chess und Neuromancer gingen parallel bereits an Activision, was EA überhaupt nicht schmeckte. Die Verhandlungen eskalierten. EA untersagte Interplay die Vollendung ihrer Bard’s Tale IV Produktion und Wasteland 2, wenn sie nicht alle ihre Spiele über EA veröffentlichen würden. Interplay stellte gleichzeitig die Portierungsarbeiten von Bard’s Tale III ein. Interplay und Electronic Arts gingen von da an getrennte Wege. EA behielt als Publisher die Rechte an beiden Interplay IPs, weshalb der tatsächliche Wasteland Nachfolger den neuen Titel Fallout erhielt.
Der Amiga war mit seinen 4096 Farben damals eine grafische Offenbarung für die Spielewelt. Schließlich boten die ungefähr zeitgleich von IBM erfundenen EGA Grafikkarten gerade mal 64 Farben und davor waren die meisten Spiele 16-farbig. Auch wenn die Multimedia-Maschine in den USA kein so großer Renner war, verkaufte Commodore in Europa um so mehr. Viele europäische Entwickler stürzten sich daher auf den Amiga und nutzten seine Hardware, um ihre Lieblingsspiele aus der Spielhalle ins Wohnzimmer zu bringen. Electronic Arts, die immer noch um Marktanteile in Europa rang, nahm dort entsprechend wieder viele kleine Entwickler unter Vertrag. Eines dieser Teams war Cope-com aus Dänemark. Martin Pedersen und Torben Larsen hatten 1988 mit ihrem ersten vertikal-scrollenen-Shooter Hybris bereits Erfahrungen auf dem Amiga gesammelt und arbeiteten bereits acht Monate an dem Nachfolger Battle Squadron. Martin und Torben liebten die Terra Cresta und Dangar Automaten in ihrer Spielhalle und nahmen diese sowie andere Inspirationsquelle in Battle Squadron auf. Beispielsweise schaffte es auch der Tarn-Effekt von Arnold Schwarzeneggers Film „Predator“ ins Spiel. Das Duo spendierte dem Shooter nicht nur mehr als 100 Farben und satte 25 Waffen-Upgrades, sondern ebenso eine regulierbare Anzahl von Leben, Credits und Geschwindigkeit der Schussfolge. Wer es damit noch immer nicht lebend durch die Flotte des Barrax Empires schaffte, konnte sich einen Freund für den 2-Spieler-Modus als Unterstützung auf den Bildschirm holen. Da der Amiga-Joystick nur einen Feuer-Button hatte und das Duo den Spieler nicht zur Tastatur greifen lassen wollte, übernahmen sie die rotierenden Joystick-Bewegungen, die damals bei Spielen wie Summer Games normal waren, in Battle Squadron, um die Bildschirmsäubernden Nova Bombs zu zünden. Bei diesem Feature-Spektrum hagelte es Rekord-Wertungen. Amiga Computing gab dem Spiel sogar 109% für das exzellente Gameplay und Grafik. Cope-com konvertierte Battle Squadron zwei Jahre später fürs Mega Drive und selbst heute ist es für sämtliche Mobilgeräte sowie PC und Mac OS erhältlich.
Aber alle Spiele, die Electronic Arts bisher verkauft hatte, sollten 1989 von einem einzigen um Längen geschlagen werden: Populous. Die Göttersimulation kam von dem erwähnten kleinen britischen Studio „Bullfrog“ und entstand ebenso auf dem Amiga. Denn davon hatte Firmengründer Peter Molyneux, durch eine kleine Verwechslung seitens Commodores, fünf geliefert bekommen. Populous war eines der ersten Spiele, das eine isometrische Perspektive aus der Luft benutzte und auf den Einsatz von Link-Kabeln sowie Modems für Netzwerkpartien setzte. Es verlieh den Spielern götterähnliche Kräfte, um ihre Anhänger zum dominierenden Volk der jeweiligen Welt zu machen. EA verkaufte stolze vier Millionen Exemplare von Populous!
Auch wenn es so scheinen mag, dass es eigentlich der Verdienst von Bullfrog war, da sie Populous entwickelt hatten, sei zu bedenken, dass Electronic Arts bei der Finanzierung ein großes Risiko einging. Ein derartiges Spiel hatte es bis dahin nie gegeben und im heutigen Zeitalter, wo Publisher – EA eingeschlossen – nur noch Entscheidungen anhand von Marktanalysen veröffentlichter Titel produzieren, wäre es nie zum Release von Populous gekommen. Aber weil Trip Hawkins damals das Risiko einging, würde Bullfrog die nächsten Jahre extrem gedeihen und quasi zu Electronic Arts europäischer Firmenzentrale werden.
1989 hatte sich der Konsolen-Spielemarkt mehr als nur erholt. Nintendo erzielte in dem Jahr einen Jahresumsatz vom 2 Milliarden US Dollar. Insgesamt betrug der Jahresumsatz von Konsolenspielen 1989 3,4 Milliarden US Dollar. Der Disketten-Markt hingegen nur 250 Millionen Dollar. Wodurch auch Trip den Markt nicht länger als Nebeneinnahmequelle betrachten konnte. Er war jedoch ebenso wenig gewillt, Nintendos hohe Lizenzgebühren zu zahlen. Hinzu kamen die deutlich höheren Produktionskosten für die ROM Module, welche jedes Spiel zu einem höheren Risiko, als das gewöhnliche Computerspiel, machten. Trotz ihrer Innovationen, war Nintendo sehr engstirnig und da sie quasi das Monopol des Konsolenmarktes inne hatten, weigerten sie sich von ihren Prinzipien abzuweichen. Ein Umstand, der u.a. dazu führte, dass Atari Nintendo im Dezember 1988, wegen monopolistischer Geschäftspraktiken und dem Ausschließen von Entwicklern aus ihrem NES, verklagte.
Sega hatte mit ihrem 8-Bit Master System damals lediglich Nintendo kopiert und mit der Konsole eine Niederlage hinnehmen müssen. Aber während sich Nintendo noch auf den Lorbeeren ihres 8-Bit NES ausruhte, brachte Sega 1989 ihre 16-Bit Konsole, das Mega Drive, heraus. Und Sega war etwas einsichtiger, was ihre Lizenzgebühren anging. Also verhandelte Trip mit Segas Führung über bessere Konditionen. Er drohte Sega damit, schlichtweg Mega Drive Module zu produzieren, ohne Sega überhaupt Lizenzgebühren zu zahlen. Dadurch und weil EA bereits ein beeindruckendes Spiele-Portfolio besaß, das sie nur noch fürs Mega Drive umsetzen mussten, lenkte Sega letztlich ein. Für Electronic Arts Entwickler war die Mega Drive Hardware außerdem die ideale Weiterentwicklung ihrer bisherigen Laufbahn. Denn im Gegensatz zu Nintendos Konsolen, basierte es genauso wie der Mac, Amiga und Atari ST auf Motorolas 68.000 Prozessor. Womit sie sich auf bekanntem Terrain befanden und wodurch EA tatsächlich ohne Segas Zutun bereits dank Reverse-Engineering ein Development-Kit besaß.