Electronic Arts – Trip Hawkins Vision Spiele-Entwickler wie Rockstars zu huldigen

by Pandur

Um seine Vision wahr werden zu lassen, musste Trip seine Firma jedoch gewissermaßen verkaufen. Electronic Arts ging am 6. Oktober 1989 an die Börse, wo das Unternehmen auf 84 Millionen Dollar geschätzt wurde. Der Börsengang finanzierte ihre gesamte Mega Drive Spiele-Palette. Für ihren Mega Drive Start 1990 begann EA mit Konvertierungen von Populous, John Madden Football, Budokan: The Martial Spirit und dem neuen isometrischen RPG The Immortal.

The Immortal war das Werk von Will Harvey, einem von EAs frühen Electronic Artists. Mit gerade Mal 15 hatte er gegenüber seines Lehrers in der Schule behauptet, er könne Assembler programmieren und musste es in Folge dessen über Nacht für eine Präsentation der Programmiersprache lernen. Die Präsentation hatte jedoch Wills Interesse geweckt und so fing er an tatsächlich Assembler-Programmierung zu lernen. Was 1984 zu EAs erwähntem Erfolg mit dem Music Construction Set führte. Statt sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, besuchte Will anschließend die Uni, machte in Standford einen Abschluss in Computer Science und produzierte 1988 erneut für Electronic Arts Zany Golf. Ein Minigolf-Spiel aus der isometrischen Perspektive, was Will 1990 ebenfalls für das Mega Drive portierte. Die neuartige Ansicht hatte in Will die Idee geweckt, ein Action-RPG in dieser zu entwickeln. Er gründete seine eigene Firma, Sandcastle Entertainment und stellte mit Brett Durrett, Micheal Marcantel und Ian Gooding drei Entwickler ein, die ihm bei seinem epischen Fantasy-Abenteuer halfen. The Immortal begann mit einem ähnlichen Konzept wie Diablo, nur eben gut ein halbes Jahrzehnt früher. Der Spieler sollte wie bei Ataris Gauntlet einen Krieger, Zauber o.ä. wählen können und dann über Modem mit seinen Freunden zusammen die Dungeons erkunden. Da das Internet zu dem Zeitpunkt jedoch noch nicht präsent war und Will ebenso eine packende Geschichte mit einbringen wollte, schwand die Idee immer weiter und war spätestens bei der Verlagerung auf das Mega Drive gänzlich vom Tisch. Der Mehrspieler-Modus wich stattdessen einem Plot, bei dem der Spieler in die Ruinen unter der alten Stadt Erinoch vordringen musste, um sich auf die Suche nach seinem Meister Mordarmir ins Labyrinth of Eternity zu begeben. Dieser Plot unterstrich das Motto des Spiels: Denk nach, bevor du handelst. Denn griff der Spieler beispielsweise zu Beginn der Dungeons wahllos Goblins an, entging ihm später die Möglichkeit sie als Verbündete zu gewinnen. Was unter anderem zu einem der verschiedenen Spielenden führte. Der vermutlich jedoch hervorstechendste Aspekt des Spiels was das innovative Kampfsystem. Auf Distanz konnte der Spielercharakter Feuerbälle auf Gegner verschießen und sie damit töten. Kam er jedoch in Nahkampfreichweite, wechselte das Spiel in einen separaten Kampfbildschirm. Bei diesem 1-on-1 Match musste aktiv ausgewichen und zugeschlagen werden, wozu diverse Joystick-Bewegungen und Button-Kombinationen nötig waren. Abgerundet wurde das Spiel durch äußerst gelungene Todesanimationen. The Immotal verkaufte sich gut genug, um die Kosten der Modulproduktion raus zu holen, jedoch nicht so gut, dass EA einen Nachfolger wollte.

Das Geschäft mit dem Mega Drive allgemein lief hingegen bombastisch. Durch einen Preis von gerade mal 200$ gegenüber den teuren IBM PCs oder selbst den Amigas, hatten Electronic Arts Spiele dort eine deutlich größere Käuferschicht. EAs Umsatz stieg in den Folgejahren durch die Mega Drive Spiele jeweils um 50% – 70%. Commodores Amiga und Segas Mega Drive blieben für einige Jahre EAs bevorzugte Spiele-Plattform, mit ein paar Ausnahmen, die in Form von (S)NES Spielen daher kamen. Die neuen Multimedia-Maschinen sorgten bei EA jedoch ebenso für einen Umschwung in der Richtung ihrer Spiele. Electronic Arts wich größtenteils von ihren esoterischen Produkten ab und konzentrierte sich stattdessen hauptsächlich auf Action-Games. Ein Verlauf, der nicht allen Entwicklerteams gefiel und weshalb sich ein paar von Electronic Arts lösten.

Road Rash war eines dieser Action-Spiele und mit sechs Titeln in Folge, nach John Madden Football, gleichzeitig EAs erste selbst produzierte Hit-Serie. Der Initiator des Spiels war Carl Mey, der bereits für Lucasfilm Games an Maniac Mansion mitgewirkt hatte und dann für Epyx an Rampage arbeitete. 1989 hatte er als technischer Leiter bei EA angefangen und arbeitete eines Nachts an einem der damals typischen Pseudo-3D-Straßeneffekte, für etwas das mal ein NES Rennspiel werden sollte. Doch die Konsole war zu langsam für seine Routinen und so erschuf Carl stattdessen einen super schnellen Skalierungseffekt für Sprites auf dem Mega Drive. Kollege Edwin Reich arbeitete währenddessen an einer echten 3D Engine für die Mega Drive Version von Blockout. Die beiden kombinierten ihre Arbeit zur Road Rash Engine. Die Stilrichtung des Spiels wurde jedoch zum Streitthema bei EA. Produzent und Designer Randall Breen wollte aus Road Rash ein von der American Motorcycle Association lizenziertes Rennspiel machen. Die erste Demo des Sonntagsfahrer Motorradrennens kam auf der CES 1990 zwar gut an, aber Carl und einige andere Kollegen waren der Überzeugung es fehle ihm Schmackes. Also überzeugte er Development Manager Richard Hilleman ihm die Leitung zu übergeben. Dadurch erhielt Road Rash seine ikonische Spielweise. Denn Carl baute Schläge, Tritte und Knüppel ins Spielgeschehen ein, was Road Rash eine gänzlich neue Mechanik verlieh. Rennen wurden nicht mehr primär gewonnen, weil der Spieler die Strecke kannte. Stattdessen kam das Flair illegaler Rennen auf, bei denen der Spieler jederzeit von einem entgegenkommenden Auto überfahren, von einem Kontrahenten umgehauen oder von der Polizei eingefangen werden konnte. Road Rash hatte quasi keine Regeln, außer dass keine Projektilwaffen benutzt werden durften. Die Änderung der Spielmechanik zog jedoch den AMA Ausstieg nach sich. Womit Suzuki, Honda oder Ducati dem Spiel nicht mehr ihre Namen gaben. Daher konnte der Spieler vom erfahrenen Preisgeld nur Shuriken, Panda, Kamakazi und Diablo Maschinen kaufen. Randall Breen, der weiterhin als Designer an dem Projekt arbeitete, war hingegen für das kalifornische Landschaft-Setting verantwortlich, das von der Sierra Nevada, über den Redwood Forest bis hin zur Palm Desert reichte. Als das Spiel in Produktion ging, rächte sich Randall an Carl, indem er Carl Mey von der Credits-Liste des Spiels strich. Es war ohnehin EAs Firmenpolitik, dass der Name des Produzenten nicht auf die Packung stand, aber so tauchte Carls Name nirgendwo auf. Unabhängig davon wurde Road Rash im Frühjahr 1991 zu einem der optisch beeindruckendsten Rennspiele der damaligen Konsolen.

Die Neuausrichtung auf Spielkonsolen und das externe Entwicklerteams sich von EA abwandten, bedeutete jedoch nicht, dass Electronic Arts den Heimcomputermarkt oder gar ihre größten Hits zurücklassen wollte. Das Prinzip, was sie bei Skyfox und Arcticfox mit verschiedenen externen Teams erfolgreich anwandten, versuchten sie ebenso intern fortzuführen. Brian Fargo und sein Interplay mochten weg sein, aber die Rechte ihrer Franchises lagen bei EA. Somit beauftragte Trip zwei Veteranen der Adventure- und Rollenspielszene damit einen Wasteland Nachfolger zu programmieren. David Albert und Robert Hardy hatten in den 80er zusammen bei Penguin Software begonnen, dort Spiele wie Transylvania oder The Quest programmiert und waren dann zu Origin Systems gewechselt, wo sie zuletzt die Amiga Version von Ultima IV programmierten sowie Texte dafür schrieben. David Albert war außerdem mit der Wasteland-Materie bestens vertraut, da er dessen Entwicklung von EA aus als Produzent geleitet hatte. Das Duo reproduzierte Wasteland von Grund auf. Statt in der Wüste Nevadas und Arizonas, spielte es in Florida. Der südöstliche Zipfel der USA wurde während des Atomkrieges derart stark zerbombt, dass sich ein Großteil des Staates vom Festland löste und eine Insel formte. Der einzige Weg die Mutationen seiner Bewohner zu stoppen, sollte das mysteriöse Traumwasser sein. Die scheinbar letzte Quelle nicht verseuchten Trinkwassers auf der Insel. Wo Wasteland durch tiefschürfende Geschichten überzeugte, fehlten EAs Nachfolger diese komplett. Aufträge wie die Bahia Mafia Gunrunners oder DeSoto Rum-Smugglers – zwei der fünf Fraktionen des Spiels – auszuschalten, hatten keinerlei geschichtliche Relevanz. Gleichzeitig übernahm das Spiel das komplette Fertigkeiten- sowie Kampfsystem und kehrte die guten Features von Wasteland ins negative um. Die bewährte Autosave-Funktion beim Gebietswechsel führte an zahlreichen Stellen zum Speichern im genau falschen Augenblick. Dungeon-Zustände abzuspeichern resultierte in Kreaturen, vor denen der Spieler nicht fliehen konnte, weil ihre Position ebenfalls gespeichert blieb. Und Fertigkeitenm wie das Verarzten der eigenen Gruppem waren bei den Mutationen, die wilde Kreaturen auslösten, nutzlos. Sie trieben den Spieler stattdessen zurück in eine Stadt mit „echten“ Ärzten. Das Ergebnis wurde selbst aus Sicht Electronic Arts derart enttäuschend, dass sie auf die Wasteland-Bezeichnung im Titel gänzlich verzichteten. EA vermarktete es stattdessen als Fountain of Dreams.

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