Sonic Games besaßen eine Tradition für ungewöhnliche Bonus-Runden. Ob es nun rotierende Level waren, oder der Igel durch eine Röhre in den Bildschirm hechtete, Sonic Spiele boten Abwechslung. Diesen Ritus sollte Sonic X-treme fortführen. Macintosh Programmierer Ofer Alon kümmerte sich um die normale Game Engine sowie Tools dafür, in welcher Designer und Grafiker dann unter Chris Senns Leitung riesige Welten mit Feinden füllten. Dieses STI Team wurde unterstützt von Sega Amerikas Programmiererin Christina Coffin. Christina war ein Wunderkind, das bereits mit neun Jahren auf ihrem VIC-20 zu programmieren anfing, dann nach dem Studium bei Sculptured Software Grafik-Tools fürs Super NES schrieb und anschließend bei Sega die Grafikbibliothek des Saturn verfasste. Mit ihrem Fabel für Grafik-Optimierung schrieb sie eine separate Engine, die riesige 3D Objekte ermöglichte, um die Boss-Kämpfe des Spiels zu handhaben. Eine verhältnismäßig kleine Aufgabe, im Vergleich zum restlichen Spiel.
Beide Sonix X-treme Komponenten entstand auf dem PC. Ein gewöhnlicher Vorgang für Konsolenspiele. Ob es nun PCs, Amigas oder Silicon Graphics Workstations waren, die Entwicklungsumgebung lief stets auf einem „normalen“ Computer. Mit den von Ofer programmierten Tools, erschuf Chris Senn darauf mit seinem Team, in der zweiten Hälfte 1995 und Anfängen von 1996, vier verschiedene Welten mit über 50 Feinden. Während Engine und Tools auf dem PC flüssig liefen, ruckelte das eigentliche Spiel auf dem Saturn mit vier Frames über den Bildschirm. Weshalb Roger eine externe Firma zur Optimierung des Codes auf dem Saturn engagierte. Dieses Point of View getaufte Studio, bestand aus Ex-Sega Angestellten, die bereits Eternal Champions fürs Genesis und Star Wars Arcade fürs 32X schufen. Ungeachtet der geballten Erfahrung, hing Sonic X-treme im März 96 dennoch hinterm Zeitplan zurück. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, kam ausgerechnet da Segas Vizepräsident Shoichiro Irimajiri zu Besuch. Er sah Point of Views immer noch ruckelndes Saturn Gameplay und Christina Coffins flüssige Boss-Engine. Womit für ihn fest stand, die gesamten Welten in Point of Views Game-Engine müssten eingestampft und in der eigentlichen Boss-Engine neu gebaut werden. Diese Boss-Engine besaß außerdem einen einzigartigen Look. Spielerisch entsprach sie dem Ende 95 auf dem Saturn erschienen Jump ’n‘ Run Bug!. Der Bildschirm drehte sich also quasi um Sonic herum und er wanderte auf den Spieler zu, wenn er nach unten steuerte. Besonders stach dabei die gewölbte Perspektive hervor, welche einem Fischauge glich. Dieser Reflexlinsen-Effekt gestatte es dem Spieler am linken und rechten Bildschirmrand weiter als üblich zu gucken. Ein Umstand, der das Problem löste, was damals viele Spieler mit Bug! hatten. Insofern leistete Christina brillante Arbeit. Dennoch gingen nicht nur Monate der Arbeit von Chris Senns Grafik- und Design-Team den Bach runter, sondern es mussten auch unzählige Tools neu geschrieben und Christinas Engine erweitert werden. Schließlich war sie bis dahin lediglich für einen Boss-Gegner ausgelegt.
Einen Monat darauf reichte Sega Amerikas CEO, Tom Kalinske, seine Kündigung ein. Er sprach sich von Anfang an gegen die Saturn-Architektur aus und erklärte öffentlich, niemand könne die Spielkonsole gut vermarkten. Statt ihm übernahm Sony Computer Entertainments ehemaliger Vizepräsident Bernard Stolar die Sega Amerika Führung. Bernie fragte Roger, was sie bräuchten, damit Sonic X-treme zu Weihnachten in den Verkaufsregalen stand. Als dieser antwortete, Sonic Team’s Nights Engine samt Entwicklungswerkzeugen, bekam das Sega Technical Institute diese. Doch es verstrichen nur wenige Wochen, bis Bernie sie ihnen abrupt wieder wegnahm. Denn als Sega Amerikas CEO, gab Bernie dem STI schlicht was sie brauchten, ohne deren Schöpfer, Yuji Naka um Erlaubnis zu fragen. Man sollte glauben, Yuji Naka könnte da wenig gegen ausrichten, schließlich stand Bernie einige Gehaltsstufen über ihm. Aber als Yuji dieses Mal Sega Japan gegenüber drohte zu kündigen, überstimmten diese wiederum Bernie und das STI Team musste erneut alles selbst programmieren.
Die folgenden Monate wurden zu einem ununterbrochenen Crunch fürs gesamte Team und im besonderen die beiden Chris-es. Engine Programmiererin Christina Coffin verbrachte täglich dermaßen viele Stunden im Büro, dass sie eines Tages ihren Mietvertrag kündigte und dauerhaft ins Büro zog. Designer Chris Senn investierte ähnlich viel Zeit in Sonic X-treme, wodurch er kaum noch aß, zwölf Kilo abnahm und eines Tages in der Notaufnahme gesagt bekam, er müsse etwas ändern oder würde nur noch wenige Monate leben. Der finale Sargnagel entstand, als Christina im Herbst an einer Lungenentzündung erkrankte. An dem Punkt stand fest, Sonic X-treme würde den Weihnachten 1996 Release nicht schaffen. Was effektiv zur Einstellung des Projektes führte.
Traveller’s Tales Sonic 3D Blast fürs Genesis wurde fürs Weihnachtsgeschäft 96 Segas einziges Sonic Abenteuer. Deren leitender Programmierer und Gründer, Jon Burton, vollbrachte mit der isometrischen Perspektive auf dem Genesis tatsächlich eine technische Glanzleistung. Er kombinierte die beiden Ebenen, die Segas Hardware-Ingenieure für Vorder- und Hintergrundgrafiken andachten, zu einer Spielfeld-Grafik und vollbrachte so, was Viele für Unmöglich hielten. Jon presste außerdem eine dreidimensionale Rendersequenz von Sonics Rennen als Intro aufs Sonic 3D Blast Modul. Das resultierte zu Weihnachten 1997 dann in Sonics einzigem 3D Spiel fürs Sega Saturn: Traveller’s Tales‘ Sonic R.
Ungeachtet der Sonic-Xtreme Crunch Time, überlebten beide Chris-es die strapaziöse Spiel-Entwicklung und sind bis heute in der Videospiel-Industrie tätig. Chris Senn designte für Sega noch den ebenfalls niemals erschienen Dreamcast Shooter Geist Force. Bevor er sich seinen Ex-Kollegen bei Luxoflux anschloss. Dort arbeitete er an den beiden True Crime Games sowie Shrek 2. Christina Coffin blieb Sega ebenfalls noch einige Jahre treu. Sie programmierte u.a. die Dreamcast Core Library. 2002 schrieb sie dann bei Rockstar Games die Grafikroutinen für Midnight Club 2 und 3. Heute ist sie Teil von Electronic Arts Frostbite Engine Team.