Von der zweiten Jahreshälfte 1993 an war 3D das Zauberwort für Videospiele. Egal ob es um Spielautomaten oder das heimische Wohnzimmer ging. Während Sega in den Spielhallen mit 3D Spielen wie Virtua Racing, Virtua Fighter oder Virtua Cop voran preschte, hielten sie mit ihrer kommenden Saturn Konsole größtenteils an 2D Sprite-Mechaniken fest. Electronic Arts Gründer Trip Hawkins setzte mit seinem Ende 93 erschienen 3DO Interactive Multiplayer hingegen voll auf 3D. Sony verfolgte ein Jahr darauf das selbe Ziel mit ihrer Playstation und auch Nintendo würde, mit dem drei Jahre später erscheinenden N64, ebenfalls auf dreidimensionalen Pfaden wandeln. Die Hardware einer Konsole auf bestimmte Berechnungen auszulegen, bedeutete jedoch nicht zwingend, dass es die andere Dimension komplett ausschloss. Schon Argonaut Software kreierte den Super FX Chip fürs Super NES, der 3D Spiele wie StarFox ermöglichte. Einen ähnlichen Ansatz wählte Sega Japan mit ihrem 32X. Die, als 32-Bit Konsole für den kleinen Geldbeutel vermarktete Erweiterung des Genesis, führte ebenfalls begrenzte 3D Fähigkeiten ein. Auf diese Technologie sollte Roger Hectors finales Sonic-Cartoon-Spin-Off-Game zugeschnitten werden: Sonic Mars. Denn Mars war damals der Codename des 32X. Dank Versprechungen, mit der neusten Sega Hardware ein Sonic Game entwerfen zu dürfen, lockte Roger im November 1994 seinen alten Kollegen Michael Kosaka zum Sega Technical Institute. Mike war zu der Zeit bereits eine Design-Legende, die für Epyx und Electronic Arts zusammen über 30 Spiele entwarf und bebilderte. Dazu zählten Klassiker wie World Games, Summer Games II, PGA Tour Golf oder das zusammen mit Roger produzierte Skate of Die!. Angelehnt an den Planeten Mobius der Zeichentrickserie, dachte Mike sich eine Virtuelle Realität namens Micro Mobius aus, in die es Sonic samt Freunden verschlug. Der Spieler sollte Sonic darin in einer 3rd Person Perspective, ähnlich den Sonic 2 Bonus Stages, steuern. Erneut mit sechs umfangreichen Zones und zahlreichen Teleportern, welche den Erkundungsaspekt des Spiels fördern sollten. Ein neues Feature, abgesehen von der 3D Grafik, sollten unterschiedliche spielbare Begleiter werden. Sobald Sonic Freunde wie Bunnie Rabbot oder Princess Sally Acorn rettete, konnte der zweite Spieler sie um Sonic herum manövrieren. Zudem plante Mike Bonus-Runden, in denen der Spieler Air Hockey gegen Doctor Robotnik spielte und selbstverständlich sammelte er dabei und in den normalen Leveln die typischen Chaos Emeralds ein. Mike fing im Mai 1994 mit der Produktion eines Prototypen an. Ein Zeitpunkt, zudem die Spezifikationen der Mars Hardware noch nicht final waren. Was so ziemlich jedes Feature zu einem Rätselraten machte. Innerhalb des folgenden halben Jahres geriet Michael Kosaka dabei immer wieder mit STIs Entwicklungsleiter Dean Lester aneinander. Weshalb er letztlich zurück zu EA ging und Sonic Mars noch vor Segas erster 32X Developer Conference starb. Ironischerweise ging Dean Lester wenige Monate nach ihm.
Sega Technical Institutes Projekt mit der längsten Entwicklungspanne wurde währenddessen Comix Zone. Genau wie viele andere verworfene Konzepte, hatte es seinen Ursprung, kurz nach dem Sonic the Hedgehog 2 Erscheinen, im Dezember 1992. Sein Schöpfer, Peter Morawiec, war schon immer ein Fan von seitlich scrollenden Prügelspielen gewesen. In der Atari Ära liebte er bereits Datasoft’s Bruce Lee. Was Filme anbelangte, favorisierte er jedoch eher dystopische Science Fiction, wie in Escape from New York oder Planet of the Apes. Als er dann eines Tages, mit seinen STI Kollegen, die Comic Buch Läden der Bay Area abklapperte, kam Peter auf die Idee eines Beat ‚em‘ ups, das wie A-HA’s „Take on Me“ Video begann. Er stellte eine Demo zusammen, in welcher der dürre Comic-Buch-Zeichner, Joe Pencil, durch einen Blitzeinschlag in sein eigenes Comic gezogen und in einen Superhelden verwandelt wurde. Durch diese Welt sollte Joe sich, wie in einem regulären Comic, durch die einzelnen Bilder prügeln müssen. Roger Hector hielt das für den besten Pitch, den er beim STI je sah und unterbreitete ihn augenblicklich Sega Amerikas CEO. Tom Kalinske zeigte sich ebenso interessiert und gab Comix Zone umgehend grünes Licht.
Doch kurz darauf, setzte das Sonic 3 Problem ein und Peter war gezwungen stattdessen Sonic Spinball zu designen. Als das Kapitel abgeschlossen war, musste Peter Comix Zone erneut genehmigen lassen. Segas Marketing überlegte sich dieses Mal unzählige Änderungswünsche, genehmigte es aber weiterhin. Zu den Verbesserungen zählten sowohl Joes Name als auch ein Sidekick. Sie wünschten sich einen Begleiter wie Joe Musachis Hund Yamato in Segas zweiten Shinobi Automaten, Shadow Dancer. Infolgedessen verwandelte sich der dürre Geek Joe Pencil, in Grunge Rocker Sketch Turner, der eine Kanalratte namens Roadkill aufnahm. Segas Marketing hätte viel lieber einen Tiger an Sketchs Seite gesehen, aber Peter hielt die Ratte für passender. Sie ließ sich zudem im Inventar verstauen, was bei einem Hund oder Tiger wenig Sinn machte.
Das Inventar Comix Zones erlaubte es dem Spieler drei Gegenstände bei sich zu tragen, die von Waffen wie Messer oder Granaten, über besagten Sidekick, bis hin zu Gesundheit-auffrischendem Eistee reichten. Roadkill selbst konnte versteckte Gegenstände suchen, oder Feinde mit seinem Schwanz lähmen. Ersteres verdeutlicht bereits, dass Comix Zone, sich nicht vollständig dem Beat ‚em‘ up Genre verschrieb. Die Monotonie von Prügelspielen wie Streets of Rage oder Final Fight wurde von Plattform- und Puzzle-Elementen unterbrochen. Erst wenn Sketch innerhalb eines seitlich scrollenden Bildes alles erledigt hatte, konnte er ins nächste springen. Ähnlich comic-artig verhielten sich manche Feinde und Attacken. Dialoge erschienen in Sprechblasen über den Figuren und Angriffe zerrissen Seiten und legten so das Papier darunter frei.
Comix Zone begann mit lediglich drei Level-Designern und Adrian Stephens zusätzlich zu Peter als Programmierer. Roger stellte den Briten eigentlich für STIs Saturn-Spiele ein. Er arbeitete zu Disney Zeiten an Stunt Island mit Adrian zusammen und sah ihn dadurch als fähigen Coder. Doch als die Konsole nicht wie geplant Ende 93 erschien, unterstützte Adrian stattdessen Peter. Jonah Hex und Black Orchid Schöpfer Tony DeZuniga kreierte währenddessen die Einleitungs- und Abspann-Sequenz von Comix Zone. Zusammen mit seinem DC Comics Kollegen, Alex Nino, zeichneten er das Artwork des Spiels mit Bleistiften und Tinte. Das Resultat scannten sie mit einem Amiga ein. Dabei legten sie zunächst eine Liste von Emotionen sämtlicher Charaktere fest und animierten sie dann wie gewöhnliche Zeichentrickfiguren auf Papier. Innerhalb von DeluxePaint sowie dessen Animator entstanden dann die finalen Hintergründe und Animationen, welche aufs Genesis übertragen wurden.
Echte Comics wechselten eigentlich bei fasst jedem Bild die Perspektive. Aber durch die begrenzte Grafik-Hardware und den Speicher der Spielkonsole, war das unmöglich. Weshalb das Team die eine Perspektive beibehielt und sie wiederverwendbare Bausteine für die Hintergründe einsetzten. Peter spannte dafür seinen Bruder Adam zuhause in Tschechien ein. Der schreib auf dem Amiga ein Tool, was den Speicherverbrauch der Bausteine automatisch ausbalancierte. Aber selbst damit war das dynamische Entpacken im Hintergrund noch eine Problem für die Prozessorleistung, was Adrien wiederum ausbaden musste. Abseits der ansprechenden Grafik sollte Comix Zone aber ebenso akustisch überzeugen. Howard Drossin, der parallel die Musik für Sonic the Hedgehog 3 sowie Sonic Spinball komponierte, spendierte Comix Zone einen Rocklastiegen Soundtrack, der sich an Bands von Pearl Jam oder Smashing Pumpkins anlehnte. Um die Coolnes von Sketch und dem gesamten Spiel zu veranschaulichen, legte Sega dem Spiel eine CD mit Songs von Jesus and Mary Chain, Danzig sowie Love and Rockets bei.
Obwohl Peter & Co bereits mehrere Seiten, also Level, ihres Comics strichen, kam Comix Zone erst im August 1995 auf den Markt. Ein halbes Jahr nach dem amerikanischen Saturn Release und wenige Tage vor dem Launch von Sony’s erster Playstation. Auch wenn die Magazine es mit durchschnittlich 76% vor allem für die einzigartige Optik lobten, ging Comix Zone durch das Ende der Genesis Laufzeit unter.