PC-Engine / TurboGrafx-16 – Hudson’s und NEC’s modulare Spielkonsole

by Pandur

Obwohl Nintendo am 21. November 1990 ihr Super Famicom auf den japanischen Markt brachte, ließ sich das für den Moment an den PC Engine Verkäufen kaum ablesen. Denn von den rund 1,5 Millionen Super Famicom Vorbestellungen, lieferte Nintendo lediglich 300.000 aus. Selbstverständlich absichtlich, um die Massen weiter anzustacheln. Auf diese Weise setzte NEC erneut 1,3 Millionen Konsolen ab, überschritt in Japan die 3,6 Millionen Marke und verwies Sega’s Mega Drive endgültig auf den letzten Platz. In den USA war von dieser Platzierung kaum etwas zu spüren. Mit gerade Mal 150.000 weiteren verkauften TurboGrafx-16 Konsolen, stagnierte die NEC/Hudson Kooperation dort bereits. Besonders für die CD-Erweiterung sah es in den USA düster aus, da in der ersten Jahreshälfte kein einziges neues Spiel erschien. NEC investierte zwischenzeitlich direkt in amerikanische Firmen wie Cinemaware oder ICOM Simulations, damit überhaupt Dritte Spiele für die TurboGrafx-16 produzierten. So sehr Cinemaware’s Spiele den Amiga damals voran trieben, litten sie jedoch vor allem an ihrem kleinen Entwicklungs-Budget und deshalb fehlenden offiziellen Sportlizenzen. Bedauerlicherweise sah NEC ebenso wenig ein, diese für die Portierungen von TV Sports Football oder Basketball zu erwerben. Wodurch das resultierende Produkt kaum einen Käufer interessierte. Dieses und viele weitere Probleme gingen auf die unterschiedlichen Kulturen zurück. Denn in Japan spielten derartige Sportlizenzen keine Rolle, während sie in den USA alles entschieden. Die Chicagoer Kollegen wussten das und versuchten deshalb in dem Jahr Pete Sampras als Aushängeschild für ihr neustes Tennisspiel zu gewinnen. Aber während sie auf das japanische OK für den 25.000$ Vertrag warteten, gewann Pete Sampras den National Championship for Juniors und bei den daraufhin gestiegenen Preisen stiegen die japanischen Kollegen endgültig aus.

Bereits während des Sommer Festivals heizte Hudson Soft das Gegeneinander-Spielen in Bomberman an. Als zweites kleineres parallel laufendes Turnier auf dem Festival durften darin 5-Spieler gleichzeitig antreten. Denn 1990 liefen Hudson’s gesamte Famicom Exklusiv-Lizenzen aus und so konnten sie ihr Bomberman-Spektakel auf der PC Engine endlich zu neuem Glanz verhelfen. Als solches erhielt die Bomberman Welt eine komplett neue Hintergrund-Geschichte, mit dem gesetzesliebenden weißen Bomberman und dem bösen schwarzen Bomberman, der die Welt regieren wollte und des Bomberman Ingenieurs Tochter Lisa kidnappte. Auch wenn diese abgedroschene Story und das Intro dem Spiel etwas mehr Persönlichkeit verliehen, waren es doch vor allem die acht neuen Themenwelten, die von Fluss über Wald und Berge bis hin zu Lava reichten. Die insgesamt 64 Level beinhalteten nun erstmalig auch Bosse, von denen vor allem der finale Black Bomberman wie ein Multiplayer-Match wirkte. Etwas wofür die 1990er Bomberman Edition ebenfalls zwei Modi bot. Das typischen Deathmatch und den Skull-Mode. Zweiterer bot zusätzliche Gegenstände, die zufällige Effekte wie Verlangsamung, verringerte Explosionsreichweite oder automatischen Bombenlegen verliehen. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft avancierte Bomberman zu dem Verkaufsschlager 1990.

Hudson’s Gründer, Yuji und Hiroshi Kudo, folgten stets ihren Instinkten und gingen in vielerlei Hinsicht eher ungewöhnliche Wege. Zumindest für die japanische Kultur. Selbstverständlich griffen sie an sämtlichen Niederlassungen Studenten der örtlichen Universitäten ab. Doch bei der gigantischen Menge an Entwicklern, die sie ständig benötigten, reichten Studenten zwischenzeitlich schlicht nicht mehr. Deshalb errichteten die Kudo Brüder 1991 die Hokkaido Game Design School. Eine dreijährige Ausbildung rund ums Design und Programmieren von Videospielen mit sieben verschiedenen Kursen. Sämtliche Absolventen mussten als Abschluss-Arbeit ein eigenes Spiel abliefern. Das wurde zwar nicht kommerziell vermarktet, aber selbstverständlich verteilte jeder Teilnehmer sein Werk (Street Bomber ’94, RealBreak oder Midnight Chaser) unter Freunden und Familien.

Parallel dazu ging Victor Ireland in den USA genau das an, was NEC verschämte: Die Übersetzung beliebter JRPGs. Der Working Designs Programmierer und spätere Präsident, arbeitete 1989 noch als Redakteur fürs VideoGames & Computer Entertainment Magazin, wodurch er zahlreiche japanische Kontakte erlangte. Immer mehr dieser Kollegen fragten Victor, warum er nicht japanische PC Engine Spiele nach Amerika brächte? Ein Vorhaben, das er tatsächlich realisierte, weil NEC in seinen Augen genau die falschen Spiele übertrug. Auf diesem Wege lieferte Working Designs 1991 in der Tat Taito’s Cadash fürs TurboGrafx-16 aus und ließ in den folgenden Jahren erfolgreiche Rollenspiele wie Exile oder Cosmic Fantasy 2 folgen.

Ein weiterer Titel, dem ein Working Designs US Import widerfuhr, aber im Februar 1991 zunächst in Japan für die PC Engine erschien, war Parasol Stars: The Story of Bubble Bobble III. Wie der Name bereits verrät, war es der Nachfolger zu Regenbogen schwingenden Brüdern Bub und Bob aus Rainbow Islands sowie den Seifenblasen-spukenden-Drachen Bubble Bobbles. Entgegen der ersten beiden Spielhallen-Originale von Fukio Mitsuji, entstand Parasol Stars jedoch durch Kataru Uchimura speziell für die PC Engine. Kataru liebte es, die ersten beiden Titel in Kooperation mit seinen Freunden in den Spielhallen zu zocken und hätte liebend gerne einen dritten Teil gesehen. Als dieser Traum durch Fukio Mitsujis Ausscheiden zerplatzte, schlug er Taito selbst einen Nachfolger vor. Weil die Bubble Bobble Titel vor allem durch ihren sehr farbenfrohen Look überzeugten, die PC Engine 16 verschiedene Farbpaletten für Sprites erlaubte und das Gameplay bidirektionale Kollisionsabfrage erforderte, schien Kataru die Spielkonsole das optimale Einsatzgebiet zu sein.
Schon die Seifenblasen-Fähigkeiten der klassischen Drachen ermöglichten es dem Spieler Level zu überspringen. Außerdem waren sowohl deren Blasen als auch die Regenbögen Rainbow Islands Wasser-basierende Kräfte, weshalb Kataru diesen Ansatz weiter spann und Tropfen bzw. Regenschirme zur neuen Mechanik bestimmte. Bloß schien ihm der Begriff Parasols, also Sonnenschirme, ansprechender. Genau wie die Seifenblasen füllten auch Tropfen mit der Zeit die Stages. Nur verschossen Bub und Bob sie dieses Mal nicht direkt, sondern sammelten sie auf, um sie dann auf Feinde zu schleudern. Um den Puzzle-Faktor zu steigern, implementierte er vier verschiedene Arten von Tropfen (Wasser, Blitze, Feuer und Sterne), bot die Option Tropfen zu einem gigantischen Geschoss aufzuladen und verwandelte die Sonnenschirme in Mehrzweckgeräte, die ebenfalls als Schild sowie zum Betäuben dienten. Lediglich mit der fehlenden Erläuterung der Spielmechaniken, wie z.B. welche Feinde bei Berührung töteten, war Kataru im Nachhinein unzufrieden.
Abseits davon stand für ihn fest, Parasol Stars müsse erneut auf dem Planeten Rainbow Star des Vorgängers enden. Daran angelehnt entwarf er eine bunte Themenwelt von insgesamt acht offensichtlichen Planeten und diversen Geheim-Welten, wie die Bubble Bobbles, Chack’n Pop oder Space Invaders. Parasol Stars belebte Taito’s totgeglaubte Spielreihe dermaßen schnell wieder, dass elf weitere Nachfolger entstanden.

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