PC-Engine / TurboGrafx-16 – Hudson’s und NEC’s modulare Spielkonsole

by Pandur

So merkwürdig es erscheinen mag, stand NEC zunächst im Schatten Hudson Softs. Denn im Gegensatz zu der sehr Gewinn-fokussierten-Nintendo-Strategie, setzte NEC vor allem auf Premium-Qualität, was Material und Design der PC Engine anging. Gleichzeitig versuchten sie die Spielkonsole möglichst günstig anzubieten. Weshalb sie ungeachtet hoher Verkaufszahlen kaum Gewinn beim Verkaufsstart erwirtschafteten. Um das zu Ändern, gründeten sie im Oktober 1987 NEC Avenue, ihre eigene Software-Entwicklungs-Firma. Unter der Leitung von Kobo Miyake kaufte diese Spielhallen-Lizenzen von Dritten ein und portierten sie auf ihre Konsole. So erschienen Monate später selbst Sega Spiele wie Fantasy Zone (14.10.1988) oder Space Harrier (09.12.1988) für die PC Engine. Ein Handel, der später ebenfalls Wonder Boy III: Monster Lair (08.08.1989) unverändert auf die Spielkonsole bringen würde. Gleichzeitig klopften sie an die Türen von Capcom und Taito. Firmen die, mit einem angesehenen Unternehmen wie NEC, gerne kooperierten.

Das hingegen Namco, Nintendo’s größter Unterstützter und zweiter Drittentwickler, auf die PC Engine umstieg, hatte sich Hiroshi Yamauchi selbst zuzuschreiben. Namco leistete damals mit Spielen wie Pac-Man oder Pole Position nicht bloß Pionierarbeit in den Spielhallen, sondern wurde, durch ihre Kooperation mit Atari, ebenso Japans erster Konsolen-Distributor. Wie Hudson Soft, erwarb auch Namco 1983 eine 5-Jahres-Lizenz zur Produktion von Famicom Spielen. Als Nintendo dann der große Durchbruch mit der 8-Bit Konsole gelang, hoben sie die Lizenzgebühren an, was Namco’s Vertrag zunächst nicht betraf. Aber als Namco’s Präsident, Masaya Nakamura, nach vier Jahren um eine Verlängerung bat, sah Hiroshi Yamauchi gar nicht ein, ihm die bisherigen Konditionen zu gewähren. Das wohl gemerkt, obwohl Namco’s Spiele zu dem Zeitpunkt fasst 40% der Famicom Spielpalette ausmachten! In einem Interview mit Japans Wirtschaftszeitung, Nihon Keizai Shinbun, beschuldigte Nakamura Yamauchi Nintendo würde ihre illegale Monopolstellung ausnutzen und alle Mundtot machen, welche diese infrage stellten. Woraufhin Hiroshi Yamauchi ein Gegeninterview gab und behauptete, Namco wäre lediglich eifersüchtig. Wenn ihnen Nintendos Geschäftspraktiken nicht passen würden, sollte Namco sich doch einen eigenen Markt erschaffen. Namco legte daraufhin Klage wegen monopolistischen Praktiken und wettbewerbswidrigem Verhaltens gegen Nintendo ein und produzierte Anfang Februar 1988 PC Engine Spiele wie Galaga 88 und Dragon Spirit. Gewissermaßen gewann Nintendo kurzzeitig. Denn Namco legte das Gerichtsverfahren später bei und produzierte doch wieder NES Spiele zu den Standardkonditionen. Aber Masaya würde diese Demütigung nie vergessen und seine Rache 1994 mit Sony’s Unterstützung bekommen.

Mit ein Grund für den grandiosen Konsolen-Verkaufsstart und warum Nintendos Super Famicom Ankündigung relativ wirkungslos verpuffte, war NEC’s Mitteilung eines CD-ROM Laufwerks für die PC Engine. Ein Medium, was für Viele damals unfassbar schien. Denn diese Ankündigung kam im Juni 1987. Einer Zeit wo gerade System 3’s The Last Ninja für den C64 auf Kassette erschien, Lucasfilm Games‘ Maniac Mansion den Feinschliff verlieh und Faster Than Light die Gänge von Dungeon Master flieste. In dieser Zeit stellte NEC ihr CD-ROM Laufwerk vor, von dem sie erzählten, sämtliche jemals erschienen Famicom Spiele würden auf eine einzige CD passen! Sie versprachen, die 540 MB Fassungsvermögen würden animierte Intros, hochqualitative Fotos, Sprachausgabe und professionell produzierte Musik liefern. Es sprengte das Vorstellungsvermögen unzähliger Asiaten.
Das obendrein noch zu einem fulminanten Preis von 59.800 Yen, heute ca. 530 Euro. Auch wenn das damals vergleichsweise eher 1.300 Euro gleich kam und ein Batzen Geld war, muss berücksichtigt werden, dass Fujitsu Monate zuvor das CD-ROM Laufwerk für ihren FM-Towns PC mit 400.000 Yen ankündigte, also dem sechsfachen Preis!
Selbstverständlich arbeitete NEC’s Tomio Gota dafür erneut mit Hudson’s Technikern zusammen und letztere schrieben bereits im Vorfeld Tools zur Entwicklung entsprechender Software. Dennoch beging das Team einen entscheidenden Fehler. Aus Kostengründen beschränkten sie das CD-ROM-ROM Laufwerk auf einen 64 KB Puffer, also ein Vierteil einer HuCard. Wodurch sich das Daten-Lesen anfühlte, als würde man einen Swimmingpool mit einer Kaffeetasse auslöffeln. Hudson hoffte, trotz dieses Manko gute Ergebnisse zu erzielen. Doch das sollten zum Dezember 1988 Erscheinen des CD-ROM-ROM Laufwerks zunächst nicht spürbar sein. Die beiden Debüt-Titel No-Ri-Ko und Fighting Street demonstrierten lediglich Ansatzweise die CD-ROM Möglichkeiten.
Fighting Street war schlicht eine originalgetreue Konsolen-Umsetzung von Capcom’s erstem Street Fighter Automaten. Lediglich mit aufgebesserter Musik von CD. Und No-Ri-Ko kann im weitesten Sinne als Adventure bezeichnet werden, was sich darum drehte den damaligen J-Pop Star Noriko Ogawa zu daten. Überwiegend ein Vorzeigeprodukt für den Einsatz von Sprachausgabe von CD. Doch ungeachtet dieser wenig überwältigenden beiden Spiele, machte NEC die PC Engine somit zur weltweit ersten Spielkonsole mit einem CD-ROM Laufwerk.

Einer der wichtigsten Schachzüge für die Laufbahn der PC Engine, dessen CD Laufwerks und vielleicht sogar die gesamte Evolution der JRPGs war jedoch die Red Company. Ein weiteres japanisches Studio, von dem hier in Deutschland vermutlich kaum jemand etwas gehört hat. Teruhisa Hiroi, Red Company’s Gründer, war gewissermaßen die treibende Kraft hinter den Spielfiguren, die Lotte’s Bikkuriman Schokobons beilagen. Denn ungefähr zu der Zeit, wo die Kudo Brüder anfingen ihren Computern Spiele-Demos beizulegen, gründete Teruhisa eine Werbeagentur. Als großer Bewunderer der amerikanischen Ureinwohner und deren Filme, nannten sie diese Agentur Red und hingen Company hinten an. Es dauerte nicht lange, bis Red von der T-Shirt Produktion auf besagte Figuren (Joint Robbery) umstieg und dafür einen Vertrag mit Lotte an Land zog. Einem der größten japanischen Agrar- und Lebensmittelunternehmen. Vom Gewinn dieses Vertrages, erwarb Teruhisa seinen ersten Computer, einen Fujitsu FM-7. Durch Spiele wie Ultima, Wizardry oder Mystery House verwandelte sich Red’s Büro urplötzlich in eine Spielhalle.
Die Inspiration hinter zuvor genannten Rollenspielen war selbstverständlich Dungeons & Dragons. Weshalb auch Teruhisa sich ein ähnliches Konzept für Spielfiguren überlegte. Ein Vorhaben das über lange Zeit hinweg keine Früchte trug, weil Rollenspiele Anfang der 80er in Japan als Nischenprodukt galten. Erst mit der Geburt von enix’s Dragon Warrior auf dem Famicom und Teruhisa’s gleichzeitigem Geistesblitz, die Seifen-Optik-Figuren aus Vinyl anzufertigen, wandelte sich Red’s Necros no Yousai Konzept zum letzten Schrei! Dieses MageKnight oder HeroClix ähnliche Spiel gewann dermaßen viel Popularität, dass Teruhisa im Juli 1987 einen Anruf von Yukio Osata, dem damaligen Geschäftsführer von Hudson Soft erhielt, daraus ein PC Engine Spiel zu machen. Auch wenn Lotte bei den Verhandlungen zu einer Hürde wurde und es erst Jahre später Realität annahm, gewann der Red Gründer dadurch einen neuen Kontakt.

Bereits seit seiner Kindheit war Teruhisa Hiroi ein gewaltiger Fan von Mangas und Animes. Weshalb sein folgendes Projekt eine eigene Anime Serie namens Mashin Eiyuden Wataru wurde. Für dessen Finanzierung wandte er sich wiederum an Yukio Osata. Da Hudson Soft verzweifelt nach neuen Videospielen suchte, willigten sie ein Teruhisa’s Anime (Spirit Hero Wataru) zu finanzieren, würde er es gleichzeitig als Spiel für die PC Engine produzieren. Der Platformer, rund um die Bekämpfung von Außerirdischen, würde später für die westliche Welt als Keith Courage in Alpha Zones bekannt. Zweifellos kein grandios guter Titel. Aber immerhin Red Companies erstes Videospiel!

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