PC-Engine / TurboGrafx-16 – Hudson’s und NEC’s modulare Spielkonsole

by Pandur

Abseits der neuen Hardware kamen japanische Jugendliche im Dezember 1989 in den Genuss gleich dreier zukünftiger Klassiker der PC Engine. Mit Mr. Heli lieferte Irem ihren ersten auf die Konsole portierten Shooter aus. Der Hybrid aus Fantasy Zone und Choplifter lockerte das bekannte seitlich scrollende Gameplay mit Leveln auf, in denen der Spieler frei erkunden und somit in sämtliche Richtungen manövrieren konnte. Gepaart mit zerstörbaren Blöcken und den Bomben sowie Raketen des orangen Helikopters gedieh daraus eine Jagd nach Geheimnissen wie in Super Mario. Die durchaus süße Comic-Grafik, Mr. Helis Lauf-Funktion, sowie das Shop-System für Waffen-Upgrades machten es zu einem weiteren überzeugenden Shooter der Konsole.

Bereits während die Red Company an Tengai Makyou: Ziria werkelte, trat Hudson an sie heran, ein PC Engine Maskottchen wie Nintendo’s Mario zu erschaffen. Zwar diente Takashi Meijin anfänglich als solches, doch war er zu stark mit dem ursprünglichen Nintendo Caravan Festival verbunden. Red Gründer Teruhisa Hiroi gab die Aufgabe eigentlich an ihren Illustrator Keisuke Abe weiter. Dennoch war eine Zeichnung Teruhisas selbst, die den entscheidenden Anstoß gab. Denn er skizzierte einen aufgebrachten Mitarbeiter mit einem gigantischen Kopf aber winzigem Körper. Karikaturen wie Teruhisa sie bereits zu seiner Schulzeit gerne anfertigte. Über diese Zeichnung amüsierte sich die Red Belegschaft dermaßen, dass sie ihn zu PC Genjin machten. Wie bereits raus zu hören ist, ein Wortspiel auf PC Engine, nur das Genjin primitiver Mann oder Höhlenmensch bedeutet. Es schien leicht zu merken und gleichzeitig amüsant.

Der Red Company Gründer liebte es Themenwelten für Kinder zu kreieren. Weshalb er daraus eine Dinosaurier-Enzyklopädie für Kinder machen wollte. Ein Ansatz, der später lediglich in den Credits des Spiels Verwendung fand, denn der Action-Platformer sollte eben nicht nur auf Kleinkinder ausgerichtet werden. Teruhisa wünschte sich außerdem, PC Genjin müsse der einzige Höhlenmensch der gesamten Steinzeit-Welt sein und dürfe nicht sprechen können. Was den ersten Ansatz, in der dickköpfige Held seine Feinde durch Schreie bezwang, verwarf. Da Mario mit Füßen auf Feinde sprang und Alex Kidd seine Fäuste einsetzte, blieb für das Team am Ende nur die Verwendung seines Kopfes. Auf diese Weise wehrte PC Genjin Äxte mit seinem Dickschädel ab, machte Kopfsprünge, die im Extremfall Erdbeben auslösten und kletterte beißend Felswände empor. Dieser Wall-Bite war ein Einfall Keisuke’s, weil er sich in Super Mario Bros. ständig wünschte die Wände erklimmen zu können.
Aus dieser abgedrehten Ideensammlung und optischen Inspirationen von Red, programmierte Atlus anschließend innerhalb von gerade Mal drei Monaten das eigentliche Spiel, in welchem PC Genjin indoktrinierte Dinosaurier befreite. Red selbst fertigte parallel dazu aus Promotion-Gründen kurze Comic-Abenteuer PC Genjins für japanische Magazine wie PC Engine Monthly oder Gekkan PC-Engine an.

Die Steinzeitgeschichte rund um King Drools Entführung der Drachenprinzessin Za wurde nicht nur beim Dezember 1989 Erscheinen in Japan ein gewaltiger Renner. Auch beim vier Monate darauf folgendem US Release heimste der Dickschädel zahlreiche „Game of the Year“ Auszeichnungen ein. Einzig der Name bereitete Probleme. Denn sie tauften ihn „Bonk“ und das Spiel somit Bonk’s Adventure. Eigentlich sollte die Ableitung von „to bonk something“ auf den Kopfstoß des Protagonisten verweisen. Bedauerlicherweise hatte genau das in Großbritannien aber eine komplett andere Bedeutung. Was wiederum für Negativschlagzeilen sorgte. Nichts desto trotz kam NEC’s „Bonk for President“ Kampagne zumindest in den USA gut an.

Der finale Weihnachten ’89 Release entstammte Nihon Falcom. Einem bis heute winzigen japanischen Underdog der Rollenspiele, der wie unzählige Artgenossen für die PC Engine produzierte, weil Nintendos Gebühren für sie schlicht unbezahlbar schienen. Das namentlich an Star Wars‘ Millennium Falcon angelehnte Studio, produzierte bereits seit Jahren gelungene Rollenspielreihen wie Dragon Slayer oder Xanadu für japanische PCs. Für die Ys Chroniken rund um den fliegenden Kontinent Esteria und den rothaarigen Schwertkämpfer Adol Christin, schwamm Nihon Falcom streng genommen gegen den damaligen Trend. Denn die Konkurrenz bemühte sich Rollenspiele immer schwieriger zu gestalten und Spieler stundenlang grinden zu lassen. Programmierer Masaya Hashimoto raubte das zu viel Willensstärke. Weshalb er beschloss mit Ys ein leicht zugängliches JRPG zu entwerfen. Bereits mit Dragon Slayer Jr. reduzierte Nihon Falcom die Steuerung auf lediglich einen Angriff-Button und nur wenige Statistiken. Das erweiterte Masaya um ein Anrempeln-Kampfsystem. Der Spieler richtete also bereits Schaden an, wenn er schlicht in einen Feind stürmte. Kombiniert mit der Möglichkeit ständig speichern zu können, der Reduzierung von Auflevel-Phasen und einem Fokus auf Handlung, gedieh so ein Rollenspiel, was die Aufmerksamkeit Hudson’s erregte.

Streng genommen handelte es sich bei Ys I: Ancient Ys Vanished mit zwei Städten und drei Dungeons eher um eine kurze Einführung in die Mysterien des fliegenden Kontinents und der engelsgleichen Eldeen. Erst Ys II The Final Chapter baute die Spielwelt mit bedeutend mehr Dungeons, Städten und vor allem erstmalig Zaubern aus. Letztere ließen den rothaarigen Schwertkämpfer endlich auch aus der Ferne angreifen. Weshalb Hudsons Programmierer und Game Director Hiromasa Iwasaki beabsichtigte, beide PC Spiele in einem CD-ROM-ROM Release für die PC Engine zu vereinen. Auch wenn es bedeutete doppelte Gebühren an Nihon Falcom zu zahlen. Der Ansatz umfasste ferner bestehende Anime Zwischensequenzen zu erweitern und komplett neue zu gestalten. Sowie sämtliche akustische Untermalung von der CD abzuspielen. Kein leichtes unterfangen für eines der ersten CD-ROM Spiele überhaupt. Glücklicherweise war Hiromasa jedoch einer der ursprünglichen System-Designer des CD-i Standards gewesen und kannte sich entsprechend gut mit dem Medium aus. Er begrenzte die Spieldaten auf einen Megabyte, die in den PC Engine Speicher entpackt werden konnten, während die Konsole parallel Songs abspielte.
Die größten Strapazen der Aufwertung Ys durchlebte aber zweifellos Grafik-Designer Taiichi Matsuda. Ihm fiel die aufwendige Aufgabe zu, das vorhandene Intro sowie die zwei Boss-Sequenzen anzureichern. In diesen waren Köpfe, wie der von Lilia oben abgeschnitten, fehlten streng genommen Frames und gelegentlich waren Personen schlicht im falschen Winkel abgebildet. Derartige Pixelgrafiken bei der damaligen Technik zu drehen, erforderte viel Geduld und Zeichenkunst. Aber Hudson’s Ys Book I & II Portierung musste vor allem einen optischen Vorteil gegenüber des parallelen Famicom Releases darstellen. Volle neun Monate Arbeit steckte Hudson Soft’s Team in die neuen Zwischensequenzen, das Balancing der verbundenen Spiele und das multidimensionale Wege-System auf der zweidimensionalen Karte. Da sie keinerlei Abstriche machen wollten, wuchs die CD-Nutzung auf volle 70 Minuten an. Was zu der Zeit lediglich bei gepressten CDs möglich war. Bei dem CD-R Standard, den die Entwickler intern einsetzten leider nicht. Was bedeutete, sie konnten zum Debuggen keine 60 Minuten CD-R brennen, sondern ließen jede Woche eine neue Version pressen. Doch selbst das zahlte sich voll und ganz aus! Auch wenn die Ys Chroniken hierzulande kaum bekannt sind, war diese Portierung der Grund, warum die Reihe überhaupt so viele Ableger erhielt. Denn Ys IV: The Dawn of Ys würde später komplett von Hudson Soft allein produziert werden.

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