Westwood Studios – Ursprung und Sturz der Echtzeitstrategiespiele-Dynastie

by Pandur

Bereits seit der Fertigstellung von Dune 2 hatten Brett und Joe an einem indirekten Nachfolger gearbeitet. Wie mit den Rollenspielen wollte sie sich von den Lizenzprodukten lösen und ein eigenes IPs erschaffen. Ihr erstes Konzept war ein „Command & Conjure“ getauftes Fantasy Setting mit Zauberern und Burgen. Wobei sie namentlich zwei gleiche Buchstaben wie beim mächtigen Dungeons & Dragons Regelwerk anstrebten. Doch da parallel der Golfkrieg tobte, ließen sie sich von dem modernen Militär-Thema mitreißen und gaben dem Spiel einen kleinen Sci-Fi Touch. Dune’s Windfallen verwandelten sich in Kraftwerke, der ikonische Mammoth Tank entstand aus dem Harkonen Devastator, Trikes und Quads wurden zu Nod Bikes und Attack-Buggies. Als Ersatz für die Spice Melange entstand Tiberium, wofür sie sich aus dem 50er Jahre Streifen „Das Geheimnis des steinernen Monsters“ bedienten. Wie im Film regnete der außerirdische Rohstoff in Meteoritenform vom Himmel und sorgte so für den kriegerischen Fortschritt der Menschheit. Sie vereinfachten das Click-Interface weiter und verankerten die Bauoptionen direkt in der Seitenleiste, statt sie über einen zusätzlichen Bildschirm auszuwählen. Ein weiterer großer Schritt waren die deutlich unterschiedlichen 20 Einheiten der Fraktionen. Der Spieler schlüpfte entweder in die Rolle eines Kommandant der „guten“ Global Defense Initiative oder der „bösen“ Brotherhood of Nod. GDI Technologie war schwer gepanzert und langsam zu bewegen. Nod Truppen wiesen nur leichte Panzerung auf und besaßen dafür hohe Geschwindigkeit. Ideal für Hit-and-Runs. Ihre Stealth-Tanks gaben zusätzliche Möglichkeiten für Überraschungsangriffe. Im Vordergrund von Command & Conquer standen erneut Resourcensammlung, Basenbau und letztlich die Vernichtung der gegnerischen Einheiten im Gebiet. Durch das mittlerweile verbreitete neue CD-ROM Medium (C&C wurde auf 2 CDs ausgeliefert) und die dadurch exponentiell angestiegene Datenmenge, wurde das Kampfgeschehen unterbrochen von Full-Motion-Video-Sequenzen. Gefilmt vor einem Green-Screen und erweitert mit CGI Sequenzen. Die Schauspieler waren normale Westwood Studios Angestellte und Moderatoren für Las Vegas Nachrichtensendungen. Die einzige Person mit schauspielerischer Ausbildung war Joseph D. Kucan. Er hatte bereits Brandon in den Legend of Kyrandia Spielen seine Stimme geliehen und verkörperte nun den charismatischen Oberbösewicht Kane.
Was Joseph zu einer unerwarteten Berühmtheit werden ließ. Die Zwischensequenzen an sich trugen einen Großteil zum Erfolg des Spieles bei. Im Besonderen der Umstand, dass die Figuren den Spieler direkt ansprachen. Ein noch größeres Zugpferd war jedoch der neue Mehrspieler-Modus, bei dem sich bis zu vier Spieler per Netzwerk bekämpfen konnten. Command & Conquer war nicht perfekt. Das war in der Einzelspieler-Kampagne gerade an der Gegner KI zu spüren, die gänzlich hardcoded war. Aber die Mischung war äußerst gelungen und hatte es vor allem zuvor noch nicht gegeben. Als die Westwood Studios Command & Conquer im August 1995 auslieferten, wurde es ihr größter kommerzieller Erfolg. Mit einem derartigen Durchbruch hatte keiner gerechnet. Westwood produzierte initial gerade mal 60.000 Exemplare, verkaufte jedoch in kürzester Zeit 1,5 Millionen und im späteren Verlauf 3 Millionen Exemplare. Eine bis dahin undenkbare Verkaufszahl für ein Strategiespiel. Die dreijährige Entwicklungsphase machte sich voll und ganz bezahlt!

Die Westwood Studios wuchsen zu einer der erfolgreichsten Firmen überhaupt. Mit einem Marktanteil von 5% – 6%. Sie lieferten mit Covert Operations ein Erweiterungsset für C&C nach und aus der Begeisterung der Spielergemeinde für die Multiplayer-Matches entstand C&C Sole Survivor. Ein Online-Multiplayer-Spiel mit bis zu 50 Spielern in einem Deathmatch Szenario. Das Experiment setzte sich nicht durch, aber Westwood übernahm es später mit veränderter Grafikengine als Multiplayer-Modus von C&C Renegade.

Eigentlich sollte den Covert Operations noch ein zweites Erweiterungsset für Command & Conquer folgen. Es war auf ein Zweiter-Weltkrieg-Thema mit gänzlich vom Grundspiel gelöster Geschichte getrimmt. Aber im Verlauf der Entwicklung kamen mehr und mehr neue Einheiten und Features hinzu, weshalb Westwood es zu einem eigenständigen Produkt machte. Entgegen der fiktiven Zukunftsvision von C&C, war Red Alert als erlebte Geschichte des zweiten Weltkriegs gedacht. Doch je mehr das Team davon realisierte, desto langweiliger wurde es. Gestützt auf verrückte Ideen wie dem Philadelphia Experiment, entstand stattdessen ein Plot über die beiden rivalisierenden Wissenschaftler Albert Einstein und Nikolai Tesla. In dem nun offiziellen Command & Conquer Vorgängerspiel reiste Einstein in der Zeit zurück, um Adolf Hitler zu töten, bevor dieser die Macht ergreifen konnte. Was aber zu einem Konflikt zwischen Sowjetunion und der USA führte. Spielerisch war Command & Conquer Red Alert sehr ähnlich dem ersten Teil, doch mit einigen neuen Waffen wie Tesla-Spulen, Chromosphären, Schattengeneratoren sowie einem Eisernen Vorhang und selbstverständlich komplett überholtem Balancing. Für die neuen FMV Sequenzen hatte sich das Westwood Studios Team einen neuen Anreiz ausgedacht. Besonders für das männliche Publikum. Sie ersetzten den Commando gegen die Einzelkämpferin Tanya. Eigentlich waren am Anfang sogar zwei weibliche Hauptcharaktere geplant gewesen: Tanya und Megan. Beide Ex-IRA Soldatinnen. Megan war die Sprengstoffexpertin und Tanya das Pistolengirl. Doch der Plot bot nicht genug Raum für beide.
Red Alert war nicht ganz so innovativ wie das erste Spiel, bekam im November 96 aber dennoch eine 90% Durchschnittswertungen und Game of the Year Auszeichnungen. Außerdem betrieb Westwood für die Internet Matches kostenlose Server. Red Alert bekam letzten Endes selbst zwei Erweiterungssets: Aftermath und Counterstrike. Die dieses Mal jedoch, wegen C&C Tiberian Sun, nicht von Westwood produziert, sondern vom Londoner Intelligent Games.

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