Junction Point Studios Historie – Disney’s Epic Mickey Platformer

by Pandur

Nach Wochen erfolgloser Vorträge bei den Publishern dieser Welt, überredete Seamus Warren mit Disney zu reden. Der Texaner hielt das für eine äußerst merkwürdige Idee, da Disneys familienfreundliche Zeichentrickfiguren so gar nicht zu seinen üblichen Spielen über unsterbliche Hacker und gewalttätige Kriminelle passten. Er war überzeugt, der Versuch wäre nicht ein Mal die Flugtickets wert. Dennoch beugte er sich Seamus Willen. Innerhalb einer Stunde pitchte Warren Ninja Gold, Sleeping Giants und seinen spirituellen Deus Ex Nachfolger Necessary Evil. Zunächst hörten Disney Interactives Graham Hopper und seine Untertanen den Vorschlägen aufmerksam zu. Aber als sich Warren dem Ende seines dritten Pitches näherte, begannen alle plötzlich wie wild auf ihren Blackberrys herum zu tippen. Einschließlich Seamus. Warren erwürgte seinen Agenten bereits in Gedanken. Dann sah Graham Hopper plötzlich auf und fragte Warren, was er davon halte ein Lizenzprodukt zu entwickeln? Warren, der stets Socken mit Disney Figuren trug, seine Magisterarbeit über die Historie von Warner Bros. Animations schrieb und sowohl für TSR (Bullwinkle and Rocky Role-Playing Party Game) als auch Steve Jackson Games (Toon) bereits Cartoon Games produzierte, phantasierte schon seit Jahren, ein DuckTales Videospiel zu machen. Also antwortete er: Ja, gebt mir die Enten. Dagobert und Donald. Einen Augenblick später erfuhr er, warum die gesamte Gruppe so wild getextet hatte. Disney versuchte bereits seit anderthalb Jahren ein Mickey Mouse Videospiel zu realisieren, fand jedoch nie den geeigneten Partner. Während der Präsentation diskutierten sie insgeheim darüber, ob Warren der Richtige sei? So bot Graham Hopper, der Chef der neu gegründeten Disney Interactive Studios, Ende 2005 Warren Spector an, ein Mickey Mouse Spiel zu entwerfen. Selbstverständlich sagte Warren sofort ja!

In der Vergangenheit lizenzierte Disney Charaktere wie Mickey oder Goofy an Dritte. Was zu einigen Tiefschlägen aber auch äußerst erfolgreichen Spiele-Reihen wie Castle of Illusion auf dem Mega Drive oder Magical Quest auf dem Super Nintendo führte. Doch zum Millenniumswechsel beobachtete Disney, wie stark die Profite anderer Firmen durch Videospiele stiegen. Infolgedessen riefen sie 2003 die Disney Interactive Studios ins Leben, auch wenn Gründung erst Jahre später offiziell werden würde. Deren südafrikanischer Geschäftsführer, Graham Hopper, hatte ein Gespür für Finanzen, liebte Videospiele und bekam deshalb den Auftrag, die Disney Charaktere auf dem Gaming-Markt zu ebenso großen Ikonen zu machen, wie in den Filmvorlagen. Dazu heuerte Graham im Sommer 2004 eine Denkfabrik aus acht Studenten an. Sie sollten Disneys Figuren zu unvergesslichen Videospielcharakteren machen aber gleichzeitig den familienfreundlichen Charme erhalten. Einer ihrer Pitches wurde Mickey Epic. Eine Art (The Legend of Zelda) Ocarina of Time, bei dem Mickey Mouse in ein alternatives Universum aus vergessenen Disney Kreationen gezogen wurde. Oswald the Lucky Rabbit, Mickeys eifersüchtiger Bruder, regierte über dieses Reich. Um ebenfalls eine ältere Zielgruppe anzusprechen, sollte Mickey in diesem Spiel seinen alten Steamboat Willie Look mit großen Augen und ausgeprägtem Kinn erhalten. Als solcher lief der Spieler durch das Wasteland, schlitzte Monster auf und erlangte Spezialfähigkeiten. Ein kleines Indie-Studio realisierte in Grahams Auftrag bereits den Prototypen. Die tatsächliche Produktion traute er selbigem jedoch nicht zu. Weshalb er Warren dieses Projekt angeboten hatte.

Mit den zusammengestellten Konzeptzeichnungen, Geschichts-Ideen und einem kleinen Vorschuss im Gepäck, erarbeitete Junction Point die folgenden Monate ein generelles Design des Mickey Mouse Abenteuers. Die Spielwelt, das Cartoon Wasteland, sollte laut der Studenten-Denkfabrik eine Sammelstelle für ungenutzte und vergessene Disney Charaktere werden. Das brachte Junction Point auf den Einfall, Mickey wäre sich seiner Zeichentrick-Identität bewusst. Was wiederum zu dem Gedanken führte, Mickey durch Tinte Dinge erschaffen zu lassen. Der Spieler sollte die Zeichentrick-Welt durchs Gameplay freundlicher gestalten können. Der Ansatz, der verworfenen Disney Ideen, kam Warren äußerst gelegen. Als Kind verliebte er sich in den Mad Doctor. Ein verrückter, machthungriger Arzt, der nach verbotenem Wissen suchte und lediglich in einem einzigen Disney-Kurzfilm von 1933 erschien. Warren ließ ihn, als dritte Figur nach Oswald, im Wasteland stranden, zur rechten Hand des Hasen werden und die Beetleworx erschaffen. Hilfsroboter, die für Oswald neu eingetroffene, abgelehnten Disney-Konzepte einsammelten. Selbstverständlich würde der Mad Doctor sie im späteren Handlungsverlauf in Monster verwandeln und zu seinen Helfern machen. Dem Mad Doctor zur Seite stellte Warren den Phantom Blot (Mickey Mouse Outwits The Phantom Blot), seines Lieblingszeichners Floyd Gottfredson. Floyd verstand es, Mickey Mouse zum Action-Helden zu avancieren. Genau wie Mickey es in Junction Points Spiel werden sollte. Im Gegensatz zum 1939er Original, des Kamera-suchenden Kerls im schwarzen Bettlaken, verwandelte Warren den Phantom Blot jedoch in eine Naturgewalt mit magischen Fähigkeiten. Der Blot saugte anderen Zeichentrick-Figuren das Leben aus, erfuhr dadurch ihre Begierden und suchte davon angetrieben, nach einem Weg zu einer realen Cartoon-Figur zu werden. Aus dieser Absicht und den geplanten Gameplay-Elementen, kam das Junction Point Team auf den Gedanken, dass Mickey versehentlich selbst den Blot mit magischer Farbe erschuf, sich mit ihm prügelte und dabei ins Wasteland fiel.

Im April 2006 flog Warren mit diesem Konzept zurück nach Kalifornien und unterbreitete es Graham Hopper. Obwohl es bei letzterem und den übrigen Disney Führungskräften sehr gut ankam, stieß Warren wenige Minuten später auf einen unerwarteten Haken. Disney wollte Junction Point lediglich den Auftrag erteilen, wenn sie das Studio komplett kaufen dürften. Und der Preis dafür war aus Warrens Sicht unverschämt niedrig! Aber wenn der Texaner, aus seinen Streitgesprächen mit Chris Roberts eins lernte, war es nein zu sagen. Der einzige Weg, eine Verhandlung zu gewinnen, lag darin, gewillt sein, sie zurück zu lassen. Es verstrichen unzählige Monate. Aber Anfang 2007 erhielt Warren tatsächlich eine Dinner-Einladung von Disneys Vizepräsident. Disney teste ihr Konzept zwischenzeitlich bei unzähligen anderen Studios aus, kam jedoch zu keinem besseren Ergebnis als Warren Spector. So versüßten sie schließlich den Vertrag mit deutlich mehr Kapital und dem Versprechen mehrere Hundert Mitarbeiter für Junction Point einzustellen. Da Warren seinerseits weder für Sleeping Giants noch Ninja Gold einen Publisher fand, seine Firma jedoch noch nicht aufgeben wollte, stimmte er zu.
Wobei er den eigentlichen Vertrag erst am 13. Juli 2007 in der Ladebucht von Santa Monicas Fairmont Hotel unterzeichnete. Wenige Minuten vor Graham Hoppers großer E3 Ankündigung, der Disney Interactive Studios Gründung und das Warren Spector, der Mann hinter Ultima Underworld, System Shock und Deus Ex, ein Mickey Mouse Spiel für sie schaffen würde.

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