Cinemaware – Der Anbeginn von Interaktiven Filmen auf dem Computer

by Pandur
Rocket Ranger fliegt über ein Tal und feuert mit seinen Pistolen in die Ferne

Das galt somit ebenso für S.D.I., was Sculptured Software tatsächlich für Cinemaware fertigstellte. Die Strategic Defense Initiative war damals, zur Zeit des Kalten Krieges, ein von Ronald Reagan ins Leben gerufenes Programm, bei dem Satelliten im All Atomraketen abwehren sollten. Das Spielkonzept leitete Bob aber mehr von James Bond Filmen wie Moonraker und Liebesgrüße aus Moskau ab. Natürlich konnte Bob 1986 nicht wissen, dass die Sowjetunion 1991 kollabieren würde und so spielte SDI in einem fiktiven 2017, wo sich die USA und Sowjetunion immer noch bekämpften. Als Befehlshaber des amerikanischen SDI Programms im Orbit übernahm der Spieler die Rolle von General Sloan McCormick und konnte von der Raumstation aus in einen Jäger steigen, um sowjetische Weltraum-Jäger abzuschießen. Oder aber dem eigentlichen SDI Entwurf folgend sowjetische Atomraketen mit den Partikelstrahlen der amerikanischen Satelliten zu zerstören. Gelang es dem Spieler lange genug diese Angriffe abzuwehren, erhielt er einen Notruf der sowjetischen Raumstation, wo Extremisten eingedrungen waren und Sloans Rivalin und gleichzeitig Geliebte Natalia Kazarian bedrohten.
S.D.I. wurde gewissermaßen das schwarze Schaf der Cinemaware Spiele. Es war kein direkt schlechtes Spiel, aber es fühlte sich von allen am wenigsten nach einem Film an. Außerdem musste sich der Spieler für die Weltraumgefechte tatsächlich einige Tasten merken. Wohingegen alle anderen Cinemaware-Spiele auf den Casual-Gamer ausgelegt waren und auf Tastatureingaben verzichteten.

The King of Chicago wurde hingegen deutlich innovativer. Es war ein interaktiver Gangsterstreifen im Jahre 1931, in welchem der Spieler die Rolle von Pinky Callahan übernahm. Nachdem Al Capone wegen Steuerbetrug weggesperrt war, übernahm der Spieler die Kontrolle der irischen North Side Gang und eroberte mit ihnen die Unterwelt von Chicago. Bob Jacobs Spiele hatten immer mehr Bezug zu den Filmvorlagen als der Realität und so ignorierte King of Chicago genau wie Defender of the Crown die Geschichte. Es begann Monate bevor Al Capone tatsächlich verschwand und wie die Sachsen in Defender, war auch der Ausgang des Chicago Prohibitionsabenteuers fern ab der Realität. Zudem war Chicago durchweg düster. Es drehte sich ausschließlich um Rache, Mord, Verbrechen und letztlich der Kontrolle von Chicago, ohne dem Spieler die Chance auf Wohltätiger zu gewähren. Zu diesem Zweck war es durchzogen mit kleinen Minispielen wie Beispielsweise aus dem fahrenden Auto Bomben in den zweiten Stock eines Gebäudes zu werfen, Leute in Fenstern zu erschießen, Verfolger abzuknallen oder einfach auf eine Tür zu feuern, um jemanden zu vergraulen. Neben dem konnten Finanzen gemanaged werden, in dem Geld aus Erpressungen, Glücksspiel usw. auf Bestechungen, Spielfreundin Lola oder neue Männer verteilt wurden und der Spieler musste natürlich hauptsächlich Entscheidungen treffen, in dem er eine Auswahlmöglichkeit der angebotenen Sprechblasen selektierte.

The King of Chicago war das Produkt von Doug Sharp, einem Grundschullehrer aus Minneapolis, den Bob in seiner Agentenzeit vertreten hatte, um dessen C64 Spiel ChipWits zu vertreiben. Zu dem Zeitpunkt wusste noch keiner was interaktive Filme sein könnten. Aber Doug Sharp schuf wirklich einen sehr guten Ansatz. Während Adventures grundlegend immer dem gleichen Plot folgten, teilweise mit kleinen Schwänkern und Gabelungen in der Geschichte, welche den Verlauf minimal variierten, bot King of Chicago bei jedem Spieldurchgang einen gänzlich neuen Verlauf. Der Spieler begann mit einer zufälligen Ausgangslage und von da an war es als wenn der Computer eine Auswahl von Filmszenen hatte, von denen er entschied, ob und wann der Spieler sie zu sehen bekam. Am Ende jeder Episode bewertete das Spiel an Hand von Ja/Nein Antworten Fragen wie Beispielsweise „Wie denken Pinkys Leute über ihn?“, „Wurde Burke zum Bürgermeister gewählt?“, „Wie weit haben sich die North Sider ausgeweitet?“ oder „Wie glücklich ist Lola?“. Diese Liste kombiniert mit einem Zufallsfaktor entschied, welche Szene als nächstes abgespielt wird. So war eine Episode der Gangster die über den alten Mann murmelten und Pinky sich entscheiden musste, wie er damit verfuhr, z.B. von einer niedrigen Old Man Reputation und hohem Vertrauenswert der Gang abhängig. Diese Art der Verwebung von Szenen war etwas gänzlich neues und führte erneut zu guten Verkaufszahlen. Auch wenn die 50.000 Verkäufe von King of Chicago nicht ganz an Defender of the Crown heran reichten.

Sinbad and the Throne of the Falcon war Bobs Tribut an die Sinbad Filme seiner Jugend, basierte hauptsächlich auf „ Der Dieb von Bagdad“ und ein weiterer Versuch das richtige Format für seine interaktiven Filme zu finden. Entgegen der vorangegangenen Titel wurde Sinbad einzig und allein von Bill Williams realisiert, der sich einige Zeit später komplett aus der Industrie zurückzog und Priester wurde. Aber für Sinbad war Bill sowohl Programmierer als auch Grafiker. Was dem Spiel einen etwas anderen Grafikstil verlieh und viele Kritiker als grafischen Rückschritt beschrieben. In Sinbad and the Throne of the Falcon wurde der Kalif von seinen Feinden in einen Falken verwandelt. Als Superheld Sinbad musste der Spieler mit der Sabarlus und seiner loyalen Crew die Meere bereisen und Monster wie den Pteranoxos oder den Black Prince bezwingen. Während der Spieler über die große Karte reiste, mit Schamanen und Zigeunern über Magie und Tränke sprach, um die Puzzleteile zur Lösung zusammen zu sammeln, musste er erneut kleine Action-Games bewältigen. Krumsäbelduelle mit Piraten oder dem Schwarzen Prinzen selbst, waren ebenso mit von der Partie wie Riffe zu umsegeln oder einen Zyklopen mit der Zwille zu bezwingen. Sinbad war nicht ganz so befriedigend wie Defender of the Crown. Die Welt war zu leer und Action- sowie Strategiespielchen zu plump und einfach.

Wenn in diesem Zusammenhang von etwas schlechterem Grafikstil die Rede ist, denkt der heutige Jugendliche zweifellos, dass sieht doch alles mies aus. Zugegen nach heutigem Standard ist das zweifellos der Fall, aber damals war diese schlechte Cinemaware Gafik immer noch ziemlich überwältigend. Wir befanden uns immerhin am Ende 1986. Nintendo hatte in Europa gerade ihr NES heraus gebracht. Sierra On-Line produzierte Mitte 1987 Leisure Suit Larry 1 (in the Land of the Lounge Lizards), Lucasfilm Games ebenfalls ein Jahr später Maniac Mansion herausbracht und die eigentlich für ihre Grafik-Über-Alles-Spiele bekannten Psygnosis Leute zeigten genauso erst 1987 mit Barbarian etwas grafisch akzeptables.

Überwiegend durch die Einnahmen von Defender of the Crown begann Cinemaware für die Portierungen der vier Spiele auf andere Systeme und Entwicklung neuer Produkte ein paar Programmierer und haufenweise Zeichner einzustellen. Entgegen der meisten Firmen, die dafür halbwegs begabte Computergrafiker beschäftigten, stellten Bob Jacob und John Cutter gewöhnliche, aber sehr talentierte Zeichner ein und trainierten sie im Umgang mit dem Computer. Das natürlich am zwischenzeitlich erschienen Deluxe Paint. So wurde Rob Landeros, der Jim Sachs geholfen hatte einige Grafiken der Sachsen zu malen, Cinemawares neuer Art Director.
Entgegen der ersten Streuung bestimmte Bob, dass dieses Entwicklungsstudio sich hauptsächlich auf den Amiga konzentrieren würde. Auch wenn ihre Spiele auf der Plattform stets nur 30.000 – 40.000 Exemplare verkaufen würden. Grundlegend auf der Basis von R.J. Micals Defender of the Crown begannen sie Tools zu entwickelten, die sich für eine Art wiederverwendbarer Game Engine einsetzen ließen und selbige für die Portierung auf die anderen Verkaufsplattformen.

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