Cinemaware – Der Anbeginn von Interaktiven Filmen auf dem Computer

by Pandur
Rocket Ranger fliegt über ein Tal und feuert mit seinen Pistolen in die Ferne

Parallel zur Arbeit der Interactive Entertainment Group erweiterte Cinemaware selbstverständlich weiter ihre bekannte Spielpalette. Bob, der ebenfalls mit Begeisterung die Games der Konkurrenz spielte, hatte sich Spectrum Holobytes F-16 Simulation Falcon geholt und sich beim Lesen des 365 Seiten starken Handbuchs gefragt, wie Cinemaware das Spiel angehen würde. Immerhin waren ihre Spiele nicht auf Simulationsfreaks sondern den gewöhnlichen Spieler zugeschnitten und kamen i.d.R. ohne Verwendung der Tastatur aus. Das Ergebnis dieser Überlegung war Wings. Ein Arcade-lastiges Luftkampfspektakel im 1. Weltkrieg. Für Wings, Cinemawares erstes und einziges Spiel mit einer 3D Grafik heuerte Bob 3D-Programmierer Tim Hays an. Wie so oft durfte John Cutter das Design ausarbeiten. Der betrieb zunächst Nachforschung in der benachbarten Bibliothek, um sich über die ersten Fluggeräte schlau zu machen. Obwohl die Lebensdauer der damaligen Piloten im Einsatz nur 11 Tage betrug, hielten sie ihre Erfahrung in Tagebüchern genauestens fest. Was John zur Geschichtserzählung von Wings umfunktionierte. Die drei unterschiedlichen Spielsequenzen, eine Bombardierung aus der Vogelperspektive, die Vernichtung von Bodentruppen aus der Iso-Perspektive mit MG und letztlich die dreidimensionalen Dogfights aus dem Cockpit wurden durch Tagebucheinträge zusammengesetzt. Da Radar und dergleichen damals noch nicht erfunden war, nutzte Cinemaware optische Elemente wie die Spielfigur selbst zur Orientierung. So wurde die Position des Gegners in den Dogfights durch die Blickrichtung des Piloten angezeigt. Die Amiga Version von Wings wurde von den Kritikern gelobt und erhielt durchschnittlich 83% Wertungen. Bedingt durch den Umschwung der Konsolengenerationen zu der Zeit, erschien Wings unter Cinemaware jedoch nicht auf anderen Systemen.

Ende 1989 glaubte Bob Jacob seine CD-ROM-Plattform gefunden zu haben und schloss im März 1990 eine Partnerschaft mit NEC ab. Der japanische Konzern erlangte 20% von Cinemawares Firmenanteilen. Ziel des gesamten Plans war es, dass NEC mit ihrer PC-Engine dem neuen Super Nintendo und Segas Mega Drive Konkurrenz machen wollte. Entgegen Sega, die erst fasst 2 Jahre später auf die CD aufsattelten und Nintendo, die sich noch ein komplettes Jahrzehnt davon fernhielten, wollte NEC die in Amerika als Turbo-Grafx 16 betitelte Konsole direkt mit einem optionalen CD-Addon ausliefern. Weshalb Cinemaware begann neben der FMV Version von It came from the Desert auch ihre gesamten Sportspiele und viele weitere Titel für die PC-Engine umzusetzen. Als sich die Fertigstellung der Konsole näherte musste Cinemaware jedoch feststellen, dass die Leistung der PC-Enginge 8-Bit CPU weit unter dem Amiga lag und ihre Spiele bereits stark simplifizieren. Der eigentliche US Launch der Konsole wurde dann die absolute Katastrophe! Die PC-Engine selbst verkaufte sich enorm schlecht und das CD-Laufwerk gar nicht. NEC feuerte das gesamte amerikanische Marketing-Team und Cinemaware trieb es trotz des gerade veröffentlichten Wings an den Rande des Bankrotts.

Bob verkaufte zunächst kleinere Anteile der Firma an Mirrorsoft und Electronic Arts. Seine beiden Vertriebspartner in Europa und Nordamerika und begann dann einen Käufer für die gesamte Firma zu suchen. Er versuchte Columbia Pictures die Firma als die Zukunft des Films Schmackhaft zu machen und als das nicht klappte, überredete er Trip Hawkins zum Kauf. Da Electronic Arts im Oktober 1989 jedoch an die Börse gegangen war und sich der nun regierende Aufsichtsrat dagegen entschied, ging auch dieses Vorhaben den Bach runter. 1991 begann die vierzig-köpfige Firma mit einer Million Dollar Schulden. Eigentlich hätten sie mehr Leute gebraucht, um die CD-ROM Projekte in rentable Produkte umzuwandeln, aber so setzte sich die Abwärtsspirale fort. Im Sommer 1991 löste Bob die Firma auf und begann die Lizenzen sowie Technologien an den Höchstbietenden zu versteigern. Mirrorsoft, Cinemawares europäischer Vertriebspartner erlangte dabei die meisten Posten einschließlich des Cinemaware Namens. Nachdem Bob sämtliche Gläubiger ausgezahlt hatte, zog er nach Großbritannien, wo er mit Mirrorsofts Hilfe versuchte die Cinemaware Spiele unter neuem Namen wiederzubeleben. Innerhalb eines Jahres verschmolz Bobs neue Firma, Acme Interactive, mit Comic-Buch-Hersteller Malibu Graphics, welche schon die Rocket Ranger Comics gemacht hatten und wurde so in Malibu Interactive umbenannt. Das Team aus ehemaligen Ocean und Core Design Leuten produzierte ein weiteres Jahr lang mit durchschnittlichem Erfolg Sega Mega Drive Spiele (Evander Holyfield’s Real Deal Boxing, Batman Returns). Eine Konsole, die ähnlich wie der Amiga auf einem 68.000er Prozessor basierte. Bob’s Spiele-Entwicklung ging zu Ende, als Malibu Graphics von Comic Riese Marvel aufgekauft wurde.

Während Cinemawares Konzept der interaktiven Filme bereits 1990 von Chris Roberts in Wing Commander fortgesetzt wurde, kaufte Lars Fuhrken-Batista Jahre später die Rechte an den Cinemaware Produkten und begann die Spiele 2000 als Remastered Versions für Konsolen und Windows neu aufzulegen. Aber auch diese Reihe kam zum Erliegen, als die neue Cinemaware Inc. 2005 von eGames aufgekauft wurde. 2012 überraschte eine neue Cinemaware Homepage mit Trailern kommender Spieler. Für eine kurze zweijährige Phase erschienen weitere Remakes für Mobilgeräte und Game Boy Advance. Außerdem führte eine Crowdfunding Kampagne zum Wings! Directors Cut Remake. Seit 2016 ist der Name und die Produktreihe nun im Besitz des schwedischen Entwicklers Starbreeze. Die jedoch noch kein Spiel dieser Art produziert haben.

1986 riefen Bob nach und nach immer wieder ehemalige Mitarbeiter an und baten ihn um Hilfe, bei der Vermarktung ihrer Spiele. Wodurch er gewissermaßen wieder in seinen alten Job des Agent verfiel. Clyde Grossman, der ehemalige Chef der Entwicklungsabteilung von Sega Amerika ging zu dem Zeitpunkt einer ähnlichen Tätigkeit nach. So taten sich Clyde Grossman und Robert Jacob zusammen und gründeten im Oktober 1996 Interactive Studio Management. Eine Firma die zehn Jahre lang kleinen Entwicklerteams half zu großen Namen in der Videospieleindustrie zu werden. Sie halfen Beispielsweise dem damals 27-Mann starkten schwedischen Flipper-Spiele-Entwickler Digital Illusions bei der Vermarktung von Battlefield 1942 und überredeten sie die Rechte am Franchise zu behalten, als sie es über EA vertrieben. Weitere heute namenhafte Firmen, denen ISM half, waren die belgischen Divinity Erfinder Larian Studios, Vampire: The Masquerade Macher Nihilistic Software oder das Call of Duty Team n-Space.

You may also like

Cookies sind für die korrekte Funktionsweise einer Website wichtig. Wir verwenden diese zur Personalisierung von Inhalten und Anzeigen, zur Einbindung von sozialen Medien sowie für Zugriffsanalysen auf unsere Website. Mit der Nutzung unserer Dienste erklärt ihr euch damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Klickt auf "Ich stimme zu" um dies zu akzeptieren oder lest "Datenschutzeinstellungen" zu den von uns verwendeten Arten von Cookies. Ich stimme zu Datenschutzeinstellungen