Cinemaware – Der Anbeginn von Interaktiven Filmen auf dem Computer

by Pandur
Rocket Ranger fliegt über ein Tal und feuert mit seinen Pistolen in die Ferne

Was neue Spielentwicklungen an ging, entschied sich Bob nun für lizenzierte Produkte. Wohingegen viele andere Firmen sich zwischenzeitlich davon abwendeten, machte es für Cinemawares interaktive Filme durchaus Sinn. Für sein erstes neues Spiel, wählte er ein nicht gerade gigantisches aber namentlich bekanntes Fernsehprodukt: Die drei Stooges. Moe, Larry und Curly waren schon damals in die Jahre gekommen, denn sie waren von 1930-1960 aktiv, hatten in der Zeit aber rund 200 Kurzfilme abgeliefert. Da das noch kleine interne Programmiererteam mit der Portierung der ersten Spiele beschäftigt war, gab Bob die Programmierung ein letztes mal an eine externe Firma ab. Incredible Technologies aus seiner Heimatstadt Chicago. Aber sie sollten für The Three Stooges nicht kreativ tätig werden, wie Doug Sharp beim King of Chicago, sondern nur das realisieren, was Cinemaware ihnen diktierte. Das bedeutete, Cinemaware erschuf sämtliche Grafiken sowie Sounddateien und auch das Design-Dokument, was in dem Fall von Bobs rechter Hand John Cutter entworfen wurde und auf dem Brettspiel „Spiel des Lebens“ zu basierte. Statt per Würfel über die Felder zu schreiten, wählte der Spieler das nächste Minigame über eine Hand, die mit zunehmender Geschwindigkeit an zufällige Felder sprang. Neben trivialen Fragen und Ereignissen, welche den Geldvorrat steigerten oder verringerten, führten viele dieser Felder zu kurzen Actionsequenzen, die gänzlich auf den Kurzfilmen basierten. Teilweise echt unterhaltsam, teilweise richtig schlecht. Jedes dieser Felder verbrauchte einen Tag und dem Spieler standen lediglich 30 Tage zur Verfügung, um genug Geld zur Rettung des Waisenhauses zu sammeln. Auch wenn das Spiel selbst äußerst simple war, wurden die drei Stooges das erste Cinemaware Spiel mit digitalisierten Grafiken und Sounds aus den Filmen. Es umfasste bereits 1987 Sprachausgabe! Wenn auch nicht sonderlich viel. Denn alle Cinemaware Spiele wurden stet’s auf zwei Disketten ausgeliefert. D.h. mit der Ausnahme von It came from the Desert, aber dazu später mehr. The Three Stooges sah für die damalige Zeit fantastisch aus! Der einzige Haken der Multimedia Pracht waren die langen Ladezeiten. Aber die Fans liebten es. Wie Defender of the Crown wurden auch die drei Stooges extrem erfolgreich. Cinemaware lizenzierte es wiederum an Activision, die es für das NES portierten.

Bob folgte dem Konzept ältere Nischenprodukte zu lizenzieren. Für das erste 100% von Cinemaware produzierte Spiel hatte er sich die amerikanische 50er Jahre schwarzweiß Serie „Commando Cody: Sky Marshal of the Universe“ ausgesucht. Während sein Team bereits fleißig das Spiel programmierte, wandte sich Bob an Republic Pictures. Doch Steven Spielberg war ihm zuvor gekommen und blockierte mit seinem Vorhaben einen Film daraus zu machen, den er nie produzierte, die Lizenz. Somit wandte sich Bob an den Produzenten des The Rocketeer Comics Dave Stevens. Aber auch die Lizenz blieb Bob verwehrt, weil Disney einen Film darüber machen wollte. So wurde das Cinemaware Spiel zu Rocket Ranger mit einem selbst erdachten Universum.
In einer alternativen Version des zweiten Weltkrieges bekämpfen die Amerikaner normalerweise die Deutschen bzw. in der deutschen Version Außerirdische, die in beiden Fällen einen Weg auf den Mond fanden und den Weltkrieg gewannen. Doch in dieser Zukunft erfand ein Wissenschaftler Zeitreisen und schickte damit einen Raketenanzug samt Radium Pistole in die Vergangenheit. Wo sie auf dem Schreibtisch des Spieler landete. Die Feinde, ob nun Deutsche oder Außerirdische bauten auf dem Mond Lunarium ab, was den IQ der Menschen verringerte und werfen das in Bombenform aus Zeppelinen ab. Weshalb der Spieler sich mit seinem Raketenantrieb in die Lüfte erhob, Luftgefechte mit feindlichen Jägern austrug, sich an Bord der Zeppeline Boxduelle mit Soldaten lieferte oder aus der Luft Geschützstellungen von gegnerischen Basen aushob. Dabei konnte er wie in Defender of the Crown auf einer strategischen Karte fünf Agenten für Infiltrationen oder Aufbau einer Widerstandsgruppe platzieren.
Gleichzeitig war es natürlich ein Cinemaware Spiel. Was bedeutet, die hauptsächliche Arbeit des Spiels floss in die Präsentation. Es kombinierte optisch die Commander Cody Vorlage mit Fritz Lang’s Metropolis. Auch in Punkto Sound blieb Rocket Ranger so originalgetreu wie möglich. Das Team nahm Motorengeräusche am Flughafen von Los Angeles auf und John Cutters Frau hielt für die digitalisierte Sprachausgabe der Rocket Ranger Geliebten her. Um all das auf zwei Disketten bannen zu können, entwickelte Cinemaware eigenes Disketten-Format, welches 4 MB auf die Disketten komprimierte und die Daten drei mal so schnell vom Laufwerk las wie beim Amiga üblich.
Das gesamte Cinemaware Team war extrem Stolz auf ihr Meisterwerk. Was auch andere Firmen anerkannten. Lloyd Levin, der Produzent des Disney Rocketeer Streifens übernahm das Konzept der Zeppeline, welche es in den Comics nicht gab, in seinen Film und Malibu Comics brachte 1991 eine Rocket Ranger Comic-Reihe heraus.

Während Bob Jacob der totale Film-Nerd war, war seine rechte Hand, John Cutter, der absolute Sportfreak. Außerdem hatte Bob von Anfang an geplant, weitere Spielreihen neben Cinemaware zu etablieren, wenn die ersten Spiele erfolgreich sein würden. So begann Cinemaware 1988 mit der TV Sports Reihe und dort als erstes mit Football. Heute wird das Segment ganz klar von Electronic Arts dominiert und die Spiele umfassen deutlich mehr als das reine Spielfeld. Aber 1988 begann EA gerade mit John Madden Football auf dem Sega Mega Drive, gefolgt von einer Super Nintendo Version 1991. Im Gegensatz zu diesen Sportsimulationen war TV Sports: Football erneut das totale Gegenteil. Statt eine Simulation mit echten Spielern und Coaches zu bieten, drehte es sich als erstes Sportspiel um das Fernsehereignis und die Präsentation darum. Es gab Cut-Scenes mit den dramatischten Momenten des Spiels. Szenen wie der Coach ausrastete und Halbzeitshows mit tanzenden Cheerleadern. Cinemaware ging sogar soweit diese von selbsterdachten Werbespots unterbrechen zu lassen. Auf zwei Disketten bot TV Sports Football alles was zum Spiel dazu gehört und womit EA ihre Spiele Jahre später ausstatte.

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