Geschichte wiederholt sich. Einst war ein Team von Atari Programmierern derart frustriert von ihrer Arbeit und Bezahlung gewesen, dass sie ausstiegen und ihre eigene Firma gründeten. Diese musste in Spielkatalogen selbstverständlich vor Atari stehen, wodurch Activision entstand. Ebenso erging es 1986 drei Activision Entwicklern. Greg Fischbach, Robert Holmes und Jim Scoroposki verließen Activision und gründeten aus selbigen Namensgründen Acclaim Entertainment. Anfang 1987 wurde das Trio zu Nintendos erstem amerikanischen NES Entwickler. Wobei der Begriff Entwickler etwas hochgegriffen ist. Denn im Gegensatz zu Firmen wie Capcom, Hudson Soft oder Konami, sahen sie ihre Stärke nicht in der Entwicklung selbst. Sie kauften schlichtweg Lizenzen alter Spiele auf und ließen die ursprünglichen Studios Portierungen auf das NES anfertigen. Ihr Feldzug begann mit Star Voyager von Ascii Entertainment. Zugegebenermaßen kein besonders guter und erfolgreicher Titel, aber gewinnbringend genug für weitere wie Micronics Tiger Helli. Das brauchten sie lediglich übersetzen und hatten bereits ihren ersten Millionen-Seller. Es folgten Squares 3-D Battles of WorldRunner, Rares Wizards & Warriors und Epyx Winter Games. Womit sie innerhalb eines Jahres Nintendos fünf Spiele Quota erfüllten und gleichzeitig über eine Millionen Dollar Gewinn erwirtschafteten.
Automatenhersteller Konamis NES Debüt-Produkt war eigentlich das ein halbes Jahr vor Castlevania erschienene Gradius gewesen. Ein seitlich scrollendes Shoot’em’up, das Namcos Xevious vom Spielhallenthron verstoßen sollte. Erfinder Hiroyasu Machiguchi ließ sich dafür von den Star Wars Filmen inspirieren und kreierte so einen langen Trench-Run mit Bosskämpfen, bei denen der Spieler den Kern treffen musste und letztlich die Raumstation in Flammen aufgehen ließ. Die Famicom Fassung verkaufte sich rund eine Millionen mal. Weshalb Konami ein Jahr später den Nachfolger Salamander ins Rennen schickte. Der Namenswechsel und das giftige Cover standen mit dem Austragungsort in Verbindung. Denn Salamander spielte im Inneren eines gigantischen Aliens, dessen tödliche Bakterien der Spieler ausradieren musste. Erneut eine Filminspiration, dieses Mal jedoch auf Basis von „Die phantastische Reise“.
Salamander fügte sich in die Gradius Reihe ein, brachte jedoch zahlreiche spürbare Veränderungen mit sich. Während der Spieler in Gradius geschickt die falschen Waffen-Upgrades umschiffte und die gewünschten einsammelte, hinterließen die Salamander Feinde gänzlich zufällige Upgrades. Wurde das Schiff getroffen, teleportierte das Spiel den Spieler nicht zum letzten Checkpoint zurück, sondern ließ ihn ununterbrochen weiterfliegen. Wodurch selbst Anfänger leicht in den zweiten Level vordrangen. Die größte Überraschung lieferte jedoch der zweite Level. Denn in allen geraden Leveln wechselte das Scrolling von horizontal zu vertikal. Zweifellos keine Pionierarbeit, aber ein interessanter Wandel, der für Abwechslung sorgte. Außerdem führte Salamander einen kooperativen Zweispielermodus ein. In diesem wurde Gradius Vic Viper Schiff um das rote von Lord British bereichert. Eine Erneuerung, die das Vorankommen deutlich vereinfachte.
Nintendos harte Auflagen der Modulproduktion galten, aus offensichtlichen Gründen, lediglich für den nordamerikanischen Markt. Zuhause in Japan, wo Branchenriesen wie Konami, Taito oder Irem ihre eigenen Fabriken für Spielautomaten hatten, durften sie ebenso selbstständig Famicom Module produzieren und das in Mengen, die gänzlich ihnen überlassen blieben. Beim Re-Release in den USA waren sie aber ebenso an Nintendos Herstellungsprozess gebunden. Deshalb beschnitt Konami ihre NES Spiele stets um Intro-Sequenzen, Animationsframes uvm., um auf diese Weise Modulkosten zu sparen. Im Falle von Salamander bedeutete das beispielsweise keine multiplen Enden und lediglich zwei statt drei Upgrades.
Als ehemaliger Erschaffer der Videospielindustrie wollte Atari ebenfalls das Recht haben, eigene NES Module produzieren zu dürfen.
In Folge des Videospielcrashs wurde Atari in zwei unabhängige Firmen aufgeteilt. Atari Corporation, verantwortlich für Computer sowie Konsolen Hardware und Atari Games für Spielautomaten. Da Atari Games lediglich das Recht hatte ihren ursprünglichen Namen für Automaten zu benutzen, tauften sie ihren Konsolenspielzweig Tengen. 1987 traf sich Tengens Manager Hideyuki Nakajima mit Nintendo Amerikas Präsident Minoru Arakawa und forderte sein vermeintliches Recht für Sonderkonditionen ein. Aber Minoru sah gar nicht ein nachzugeben. Woraufhin Hideyuki beschloss diese lausige Lizenzvereinbarung zu umgehen.
Nintendos Konsole umfasste einen 10NES Chip, der nicht lizenzierte Module erkannte und blockierte. Tengens Techniker versuchten alles den Code zu knacken. Sie gingen sogar soweit die Chips mit einem chemikalischen Peeling Schicht für Schicht abzutragen und mikroskopisch zu analysieren. Alles ohne Erfolg. Im Dezember 1987 gaben sie auf und stimmten Nintendos Lizenzvertrag zu.
Tengen portierte daraufhin Pac-Man und R.B.I. Baseball auf das NES. Anschließend verklagten Sie Nintendo wegen Copyright-Verletzungen. Der gänzlich bei den Haaren herbeigezogene Prozess hatte nur einen Zweck: er zwang das amerikanische Patentamt Nintendos Code für den 10NES Chip offen zu legen. Mit diesem gelang es Tengen in der Tat den Chip auszuhebeln und Nintendo auf dem amerikanischen Markt komplett zu umgehen. Sie konnten direkt mit dem Großhandel kooperieren und alle Profite selbst einstreichen. Zumindest sah so die Theorie aus. In der Praxis stellte Nintendo den Ladenketten daraufhin ein Ultimatum: Tengen oder Nintendo. Zwar fehlte Nintendo die rechtliche Grundlage, aber was war, wenn der LKW mit der Ladung für Geschäft XY verschwand oder jemand vergaß Bestellformulare weiterzuleiten? Sämtlich Ladenketten gaben nach. Erneut schluckten sie die bittere Pille und verschrotteten Ataris Module. Für Tengen zog der Vorfall außerdem einen jahrelangen Rechtsstreit mit sich. Aber in erster Linie wagte es ab dem Augenblick keiner mehr Nintendos Lizenzvereinbarungen zu verletzen.
Den Jahresabschluss 1987 feierte Nintendos Hardware-Flaggschiff mit Capcom’s Mega Man. Zeichner Keiji Inafune hatte seine Karriere im Street Fighter Team begonnen, was erstaunlicherweise nicht fürs NES erschien, sondern für NEC’s PC-Engine. Zusammen mit sechs weiteren jungen Entwicklern warf ihn Capcom in ein Team, um einen Konsolen-exklusiven Mario Killer zu kreieren, der sich von ihren vorangegangen Spielhallen-Titeln abheben sollte. Keiji zeichnete beinahe alle Charaktere und Feinde des Spiels. Für den Mega Man Protagonisten ließ er sich vom „Astro Boy“ Manga sowie Marvel’s Wolverine Comic stimulieren und färbte ihn letztlich blau ein, weil dieser Farbton in der NES Palette am meisten Abstufungen umfasste.
Erschaffen als erster funktionierender Android, wurde Rock, neben Dr. Light’s persönlichem Assistenten, ebenso die Vorlage dessen Robotermassenproduktion. Dann begann Dr. Wily die Bevölkerung mit seinen Schöpfungen zu terrorisieren und Rock willigte ein, sich von Dr. Light zu einer Kampfmaschine für die Gerechtigkeit umfunktionieren zu lassen. Es entstand Mega Man, der sich mit seiner „Mega Buster“ Armkanone seitlich scrollend durch Roboterarmeen schlug. Obwohl Mega Man in Puncto Spielgeschehen viele Ähnlichkeiten zu dem anderthalb Jahre zuvor erschienen Metroid aufwies, bestach es doch durch eine revolutionäre Charakteristik. Der Spieler hatte die Wahl welchen Roboterboss er als erstes bekämpfen wollte und durfte somit die Level frei wählen. Diese Level konnten außerdem so oft der Spieler wollte aufgesucht werden. Was durch die neu gewonnene Bewaffnung, die Mega Man den bezwungenen Bossen abnahm, leichter wurde oder neue Abschnitte zugänglich machte. Denn jeder Feindtyp war für mindestens eine Waffe anfällig. Fire Man erlitt so beispielsweise mehr Schaden durch den Ice Slasher. Ein simples Konzept, welches das Team vom Stein, Papier, Schere Spiel ableitete. Trotz guter Wertungen, einer geringen produzierten Stückzahl und dem Release eine Woche vor Weihnachten 87 blieb Mega Man in den japanischen Regalen liegen. Erst der US Release brachte einen massiven Schub, als die Amis die versteckten Spielmechaniken hinter dem abscheulichen Cover entdeckten. Seitdem hat es sich unter die ersten 20 Plätze der besten NES Spiele gekämpft. Der ein Jahr später folgende zweite Teil verkaufte bereits 1,5 Millionen Module.