Sierra On-Line – Ken und Roberta Williams‘ Grafik-Adventures

by Pandur

1987 hatte Sierra On-Line durch Lucasfilm Games ernsthafte Konkurrenz auf dem Adventure-Markt bekommen. Maniac Mansion kennzeichnete den Beginn der Point-and-Click-Adventures. Mit deren 1989 jüngsten Spross, Indiana Jones and the Last Crusade, überholte Lucasfilm sie nicht nur in Bezug auf die Steuerung, sondern bot ebenfalls farbenprächtigere Grafik. Während Sierra an der Verbesserung der SCI Engine arbeitete, konterten sie mit neuen innovativen Konzepten für ihre Spiele. Roberta erschuf zu dieser Zeit eine neue Spielreihe: The Laura Bow Mysteries.
Genau wie das erste King’s Quest Spiel grob auf The Wizard and the Princess basierte, bauten die Laura Bow Fälle auf dem Mystery House Konzept auf. Ken und Roberta prognostizierten die Zukunft der Computerspiele als „interactive entertainment stories“. Als solche war das erste Spiel der Reihe, The Colonel’s Bequest, wirklich ein wichtiger Schritt in die Richtung der heutigen Adventures. Es wich gänzlich vom bisherigen linearen Verlauf ab. Das Spiel war in acht Akte unterteilt, die je eine Stunde repräsentierten. Bestimmte Ereignisse, wie das Betreten eines wichtigen Raumes oder Finden eines gezielten Gegenstandes, ließen die Zeit 15 Minuten voran schreiten und dadurch veränderten sich Standorte der Charaktere oder Fundorte von Gegenständen bzw. Fingerabdrücken. Prinzipiell konnte der Spieler den kompletten Plot verpassen, wenn er sich immer am falschen Ort aufhielt. Außerdem war es wenig hilfreich in den richtigen Ort einfach hinein zu platzen, weil das möglicherweise wichtige Gespräche unterbrach. Der Spieler musste mit Bedacht vorgehen und Geschehnisse aus der Ferne beobachten.

Angespornt von der Wirksamkeit ihrer weiblichen Protagonistin in King’s Quest 4, steuerte der Spieler eine Nancy Drew ähnliche junge Dame im New Orleans von 1925. Als Tochter eines Kommissars und angehende Journalistin, wurde Laura eines Tages von ihrer Freundin Lillian auf die Plantage deren Onkels eingeladen. Colonel Henri Dijon – benannt wie der Senf und somit eine absichtliche Verbindung zu Cluedos Colonel Mustard – verkündete seinen Nachkommen, dass er seinen Nachlass gleichmäßig unter ihnen aufteilen würde. Sollte jemand versterben, würde sein Anteil zurück in den Topf wandern. Woraufhin in den folgenden Stunden ein Familienmitglied nach dem anderen dahin schied und Laura den Täter ermitteln musste. Im krassen Gegensatz zu den bisherigen Sierra Adventures beinhaltete Colonel’s Bequest kaum Inventar-Puzzles. Die wenigen vorhandenen waren eher eine Schatzsuche, die Hintergrundinformationen zur Familie offenbarten. Die Hauptaufgabe bestand darin die lebenden Familienmitglieder auszuspionieren, um ihre Motive aufzudecken. Dafür enthielt das Spiel ausnahmsweise nicht das Sierra typische Punktesystem, sondern lediglich ein Sleuth-O-Meter, das ungefähr anzeigte, wie gut der Spieler sich bei der Detektivarbeit anstellte. Auch wenn The Colonel’s Bequest Farbtechnisch nicht mit Indiana Jones mithalten konnte, waren die Räume und Außenanlagen doch exzellent gezeichnet. Außerdem wurde das SCI um neue Features wie Close-Ups für wichtige Sequenzen oder Portraits für Dialoge bereichert. The Colonel’s Bequest wurde nicht der erhoffte Durchbruch, aber es landete zumindest auf Platz 84 der besten Adventures aller Zeiten.

Generell ging es mit Sierra’s Finanzen immer weiter Berg auf. Von 21 Millionen Dollar im Jahr des Colonel’s Bequest Releases 1989, wuchs der Umsatz 1990 auf 29 Millionen und das war gänzlich dem Computerspielemarkt zu verdanken. Wohingegen Nintendo und Sega parallel den Konsolen-Markt wiederbelebten und selbst Konsolen-Verweigerer wie Trip Hawkins, wegen der Aussicht auf größere Gewinne, darauf umsattelten, blieb Sierra On-Line den Computern treu. Die Profite von 1990 waren größtenteils auf Sierras nächste Adventure-Generation zurückzuführen, welche zum Weihnachtsgeschäft mit King’s Quest V und Space Quest IV begannen. Die wiederum waren mit der Verdienst von Bill Davis. Ken heuerte ihn im Juli 1989 als Sierra’s Creative Director an. Bill hatte keinerlei Erfahrung mit Computerspielen. Er kam aus der Film-Industrie, wo er über 150 Werbefilme für McDonald’s Toyota, NBC und dergleichen, sowie diverse Kurzfilme gedreht hatte. Bill brachte das Zeichentrickfilm-typische Konzept der Storyboards zu Sierra. Was zwar bedeutete, dass Sierras Adventures wieder linear wurden, aber eine deutlich strukturiertere Handlung bekamen. Mit Sierras Wechsel von 16-Farben EGA Grafik zu 256-Farben VGA Grafik, ließ Bill Davis Sierras Künstler sämtliche Grafiken nun per Hand zeichnen und anschließend digitalisieren. Wodurch eine märchenhafte neue Optik entstand.

In King’s Quest V kehrte König Graham von einem Spaziergang zurück und fand sein Schloss nicht mehr. Eine Eule erzählte ihm, dass der böse Zauberer Mordack es samt der königlichen Familie gestohlen hätte. Graham folgte der Eule ins Königreich von Serenia, wo er erfuhr, dass Mordack Mannanans Bruder war. Er wollte Prinz Alexander dazu zwingen, Mannanan aus der Katzengestalt zu befreien. König Graham wurde auf seiner Schlosssuche von der Eule Cedric und deren Meister Crispin unterstützt. Zweiterer verlieh Graham die Fähigkeit mit Tieren zu sprechen. Wodurch sich ein Alice im Wunderland ähnliches Abenteuer ergab. Also zumindest optisch und akustisch. Spielerisch behielt King’s Quest V viele der bekannten Inhalte bei. Es umfasste erneut unzählige Wege zu sterben, wenn nicht sogar mehr als je zuvor und hatte drei große Labyrinthe. Letztere mögen in seinem Ursprung gelegen haben. Denn das Königreich Serenia, in dem es spielte, war ebenso der Austragungsort von The Wizard and the Princess gewesen. Womit der Spieler erneut durch die Wüste irrte und auch beim Betreten der Zauberer-Festung durch eins musste. Abgerundet wurde das Adventure wie der typische Disney-Film mit kleinen Gesangseinlagen von Ameisen und dergleichen. Sierra hatte sich, was den Sound anging, erneut ins Zeug gelegt. Sie vollzogen mit der neuen Adventure-Generation nicht nur den Sprung zu 256 Farben Grafiken, sondern gleichzeitig zur CD-ROM, wodurch King’s Quest V über 50 Synchronsprecher bekam und keine Textzeile unvertont blieb. Selbstverständlich verlor die neue SCI Version gleichzeitig die Texteingabe und wurde nun komfortabel per Mouse und Icons gesteuert. Im Gegensatz zu LucasArts, die erst 1993 spezielle Talkie Versionen von Indiana Jones 4 und Day of the Tentacle produzierten, als sich die CD-ROM etabliert hatte, stach Sierra On-Lines Flaggschiff bereits im August 1991 damit in See. Wobei sie vorab ebenso eine Disketten-Fassung veröffentlichen, hauptsächlich um das Weihnachtsgeschäft 1990 nicht zu verpassen. Da CD-ROM Laufwerke 1991 aber wenig verbreitet waren, lieferte Sierra passend zum Problem gleich die Lösung aus. Für 795$ boten sie zeitgleich das „Sierra Multimedia Upgrade Kit“ an. Es beinhaltete ein CD-ROM Laufwerk, eine Soundkarte, diverse Sierra Spiele und Microsoft Windows mit den nötigen „Multimedia Extensions“, um alles problemlos betreiben zu können. Zugegebenermaßen verkaufte sich dieses 800$ Paket nicht so schnell wie die Soundkarten zuvor, aber King’s Quest V setzte zumindest wie sein Vorgänger eine halbe Million Exemplare um.

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