Sierra On-Line – Ken und Roberta Williams‘ Grafik-Adventures

by Pandur

Point-and-Click-Adventures waren zum Beginn der 90er der Renner. Nachdem LucasArts das Genre revolutioniert hatte, spross quasi jeden Monat eine weiter Firma aus dem Boden, die den Markt überflutete. Sierra On-Line war weiterhin der Platzhirsch und größte Adventure-Produzent weltweit, aber Ken war klar, dass sich das schnell ändern könnte. Deswegen begann er Sierras Produktpalette zu vervielfältigen. Das Oregon basierende Studio Dynamix hatte ihn beeindruckt. Dem gerade mal 30-Mann-Team war es 1989 gelungen sieben Spiele zu produzieren. Darunter Hits wie MechWarrior, die 100.000 Exemplare und mehr verkauften. Ihre Besitzer Jeff Tunnell und Damon Slye waren es hingegen leid, immer nur Spiele im Auftrag großer Konzerne produzieren zu müssen. Sie wollten ihre eigenen IPs kreieren. So nahmen sie Ken’s Angebot an, Dynamix im März 1990 zu kaufen. Dynamix hatte zu dem Zeitpunkt gerade ihr Game Development System für Adventures fertiggestellt und steuerte dadurch 1990 und 1991 ihre Cinematic Adventures zu Sierras Produktpalette bei. Rise of the Dragon, The Adventures of Willy Beamish und Heart of China hatten einen komplett anderen Stil und andere Zielgruppe, waren aber ebenso beeindruckend. Der Grund für die Dynamix Akquirierung war jedoch deren 3Space Engine und die darauf basierenden Simulationen. Auch wenn Ken selbst kein Fan von Simulationen war, sah er dennoch deren Marktwert. Er überredete Damon aus seiner „The Great Warplanes“ Idee, die Flugzeuge verschiedener Kriege zusammenfassen sollte, mehrere Simulationen einzelner Epochen zu machen. Bereits das erste Spiel der Reihe, Red Baron, wurde Sierras best-verkauftes-nicht-Adventure-Game seit King’s Quest.

Zur selben Zeit wies Ken sein eigenes Studio an, stärker in den Lernspiel-Software-Sektor vorzudringen. Roberta produzierte, quasi als ersten Test der Multimedia-Fähigkeiten, eine Mixed-Up Mother Goose CD-ROM mit durcheinandergewürfelten Kinderliedern, welche die Kleinen wieder in Ordnung bringen mussten. Die Coles ließen ihre „Quest for Glory“ Reihe für ein Jahr ruhen. Cory produzierte das für High-Schools ausgelegte Castle of Dr. Brain und seine Frau Lori Ann fokussierte sich mit Mixed-Up Fairy Tales auf Grundschulen. Sierra’s Creative Director Bill Davis schrieb währenddessen das Konzept für EcoQuest. Eine Adventure-Reihe für Kinder, die sich um die Rettung der Meeresbewohner und des Regenwaldes drehte.

Ein Jahr nach der Dynamix Übernahme, im März 1991, schockierte Sierra durch die Ankündigung mit Broderbund zu fusionieren. Broderbund war damals ein ähnlich großes Unternehmen, wie Activision, Electronic Arts oder Epyx und der Zusammenschluss beider Firmen hätte Sierra zum größten Videospieleunternehmen Amerikas gemacht. Die Produktpaletten beider Firmen ergänzten sich zudem ideal. Broderbund besaß mit Carmen Sandiego bereits eine erfolgreiche Lernsoftware-Reihe, sie hatten Plattformer wie Prince of Persia und nicht zu vergessen Göttersimulationen wie SimCity oder SimEarth. Doch kurz bevor die Fusion durchging, brach sie auseinander. Möglicherweise war es der christliche Ursprung der Carlston Familie hinter Broderbund und die völlig gegenteiligen Softporno Abenteuer von Sierra. Manche behaupteten, es hätte an der Einstellung des Williams Paares gelegen, die schon vor der Fusion durch die Broderbund Büros spazierten, als würden sie ihnen gehören. Immerhin hatte sie diese dominante Art auch die Akquirierung von id Software gekostet. So oder so, blieb Broderbund eigenständig. Sierra war unabhängig davon auf Erfolgskurs. Ihr Jahresumsatz stieg von 31 Millionen 1991 auf 41,7 Millionen 1992. Womit sie 1992 Bright Star Technologies kauften, einen Hersteller von Lernsoftware und innovativen Techniken. Durch Bright Star Technologies erhielt Sierra Onlines Sprachausgabe Lippensynchronität. Die Lernsoftware-Sparte war zu dem Zeitpunkt die am stärksten wachsende. Laut den Software Publishers of America stieg der Umsatz an Lernsoftware von 146 Millionen Dollar 1992 auf 243 Millionen 1993. Wodurch Sierra auf einer weiteren Trendwelle surfte.

Jane Jensen hatte eine Vorliebe für Bücher. In jungen Jahren wollte sie Schriftstellerin werden. Doch die vergebliche Suche nach einer lukrativen Karriere und ebenfalls die Begeisterung zum „Colossal Cave Adventure“, das auch Roberta inspirierte, hatten sie einen Computerwissenschaften-Abschluss absolvieren lassen. Womit sie eine Stelle bei Hewlett-Packard bekam. Als Jane 1989 King’s Quest IV sowie Manhunter 2: San Fracisco spielte, beschloss sie den Job zu wechseln. Sie stieg bei Sierra ein und schrieb zunächst Dialoge sowie Storyline für Bill Davis Konzept von EcoQuest: The Search for Cetus und dann Police Quest III: The Kindred. Für King’s Quest VI: Heir Today, Gone Tomorrow wurde Jane neben Roberta Williams zur Co-Designerin. Der Untertitel des Spiels war erneut die Abwandlung eines amerikanischen Sprichworts. „Here today, gone tomorrow“ verwies auf Alexanders abruptes Verschwinden nach Teil 5. Wie schon in King’s Quest 5 zu erleben war, verliebte sich Prinz Alexander in Prinzessin Cassima, welche König Graham ebenfalls aus Mordacks Gefangenschaft befreite. Kurz nach ihrer Daventry-Heimkehr zeigte der magische Spiegel Alexander eines Nachts Cassima in ihrem Turm. Anhand der Sternenkonstellation navigierte Alex über das Meer zum Königreich der grünen Inseln, um Cassima seine Liebe zu erklären. Doch der Zugang zum Schloss blieb ihm durch Wesir Abdul Alhazred verwehrt. Es war nun die Aufgabe des Spielers die vier Inseln von der bösen Regentschaft Alhazreds zu befreien.
Roberta sorgte für die Romanze der beiden, während Jane sie ausmalte und sämtliche Dialoge des Spiels schrieb. Was unter anderem zu vielen märchenhaften Reimen führte. King’s Quest VI behielt gleichzeitig den bewehrten Stil bei und führte zugleich einige Erneuerungen ein. Die vier grünen Inseln bekamen ein jeweils anderes Thema. Die „Island of the Crown“ entsprach den „1001 und einer Nacht“ Geschichten, die „Isle of Wonder“ hingegen „Alice im Wunderland“ und der „Sacred Mountain“ mehr der klassischen Mythologie. Für die erstmals gerenderte Intro-Sequenz engagierte Sierra Kronos Digital Entertainment, eine Special Effect Firma, die bereits an Filmen wie Batman Returns und dem Rasenmähermann gearbeitet hatte. Ähnlich den mittlerweile etablierten LucasArts Adventures enthielt King’s Quest 6 zudem kleine Zwischensequenzen, welche die Ereignisse auf Seiten des Wesirs zeigten. Obwohl das Spiel überwiegend linear verlief, gab es im späteren Verlauf eine Weggabelung, welche den Spieler über die Anzahl der Puzzles entscheiden ließ und zu mehreren Enden führte. King’s Quest 6 war erneut für PCs mit CD-ROM ausgelegt und Sierra hatte zwischenzeitlich beschlossen den Amiga als Plattform für ihre Spiele zurückzulassen. Adventure-Konkurrent Revolution Software, die den Amiga hingegen als ihre Hauptvermarktungsplattform ansahen, boten daher an, King’s Quest für sie zu portieren. Womit die Amiga Version des Spiels in Revolutions Virtual Theatre Engine statt dem SCI entstand. King’s Quest VI wird von den meisten als Höhepunkt der Spielreihe angesehen. Laut Ken verkaufte es sich beim Oktober 1992 Release bereits in der ersten Woche mehr als 400.000 Mal und wurde zum erfolgreichsten Adventure der Welt. Dieser Durchbruch führte nebenbei dazu, dass Jane Jensen ihre eigene Sierra-Adventure-Reihe kreieren durfte: Gabriel Knight.

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