Silicon Knights Historie – Die Tücken der Videospiel-Entwicklung

by Pandur

Der Grund dafür war Nintendo. Wie zuvor sahen sie Silicon Knights aktuelles Werk. Da Too Human die nahtlosen Übergänge zeitgleich mit Final Fantasy VII demonstrierte, war offensichtlich, dass Silicon Knights das Feature nicht kopierte. Denis sah das N64 als die damals leistungsstärkste Konsole auf dem Markt und liebte obendrein Nintendos Philosophie. Der Verpflichtung zu Qualität. Also schrieb er erneut Konzepte zusammen und flog einige Wochen darauf für den Pitch zu Nintendos amerikanischem Hauptquartier in Seattle.

Die drei Tage vor diesem Flug und gewissermaßen die gesamte vorangegangene Nacht, spielte Denis Resident Evil 2. In seinen Augen war es bahnbrechend! Einer der Faktoren, der ihm am besten gefiel, war, wie Capcom den Plot aus zwei Gesichtspunkten erzählte, Claires und Leons. Als Denis, nach fünf Stunden Flug, in Nintendos HQ ankam, fiel Produzent Henry Sterchi direkt auf, wie fertig er aussah. Woraufhin Denis erzählte, wie überwältigend er Resident Evil 2 fand und das er auch gerne so ein Spiel machen würde. Henry, der es ebenfalls gespielt hatte, stimmte zu und fragte, ob Denis ein Pitch dazu einfiele? In vollem Bewusstsein, dass Nintendo keine Copy-Cats mochte, strebte Dennis keinen Survial-Horror an, sondern kombinierte Horror-Elemente von H.P. Lovecraft und Edgar Allan Poe. Er tendierte zu einer Variation von Michael Moorcock’s Eternal Champions. Was von Paralleluniversen und damit agierenden Streitern erzählte. Um es Henry besser zu veranschaulichen, verglich Denis es mit der damals laufenden Babylon 5 Fernsehserie. Wie H.P. Lovecrafts makabere Geschichten, erzählte sie in ihrer fünfjährigen Laufzeit von uralten Wesen, den Allerersten, mit denen die Menschheit in Konflikt geriet. Ähnlich Michael Straczynskis wollte Denis multiple Charaktere erschaffen, die im Laufe von rund 2.000 Jahren dieses uralte Böse bekämpften, jedoch für die Gesamthandlung des Spiels gar nicht so wichtig waren, wie der alles umspannende Handlungsbogen. Bereits einen Monat darauf, ging das Eternal Darkness getaufte Projekt in Produktion.

Es war alles andere als das typische Nintendo Spiel. Deren Spiele woben sich stets um einen zentralen Helden. Eternal Darkness umfasste ein Dutzend davon. Die meisten davon starben nicht nur, manche segneten sogar schon nach wenigen Spielminuten das Zeitliche. Aber genau das war, was die Japaner reizte. Denn seit Sony’s Playstation und ihrem verspäteten N64 Launch, verlor Nintendo rapide Marktanteile. Deshalb hofften sie, mit einer Erweiterung ihrer Demografie wieder Land zu gewinnen. Aus dem Grund stimmten sie der Realisierung von Eternal Darkness zu. Nintendo ging in den folgenden Monaten sogar so weit, dass sie Anteile des kanadischen Studios erwarben. Auf diese Weise wurde Silicon Knights zum Second-Party-Developer, arbeitete exklusiv für Nintendo und stellte infolgedessen die Playstation Version Too Humans ein.

Dieser Schritt kam nicht von Ungefähr. Mitgründer Rick Goertz, welcher sich in der Vergangenheit um die KI-Programmierung kümmerte, stieg bereits kurz nach Dark Legions aus. Denis fundierte seitdem Silicon Knights gesamte Philosophie auf dem „Book of Five Rings“. Einer Erzählung des Samurai Miyamoto Musashi. Nur das er dessen fünf Kategorien Erde, Wind, Feuer, Wasser und Geist in Spiel-Design, Kunst, Technologie, Inhalte und Audio umwandelte. Die wichtigsten Säulen, die seiner Meinung nach, jedes Spiel gleichermaßen beinhalten sollte. Damit nicht genug. Gut anderthalb Jahrzehnte zuvor, schrieb sich Denis an der Brock University ein, weil die Brock Badgers den Ruf des besten Wrestling Teams Kanadas genossen. Er selbst verkörperte zu der Zeit bereits einen Full-Contact Taekwondo Champion und wollte weitere Kampfsportarten studieren. Nur wurde ihm dann bewusst, er würde höchstwahrscheinlich eines Tages als Sportlehrer enden und das widerstrebte ihm. Deshalb tauschte Denis einst Sport gegen Computerwissenschaften und Geschichte. Für Silicon Knights Partnerschaft mit Nintendo, nahm er dann sogar, Morgens vor der Arbeit, japanisch Unterricht. Denn Denis wollte Satoru Iwata, Shigeru Miyamoto usw. ebenbürtig sein und ganz nebenbei nicht auf die Schilderungen eines Übersetzers warten müssen. Das führte zu einer extrem intensiven Zusammenarbeit zwischen Nintendo und Silicon Knights. Die Japaner bestimmten die Farbpalette des Spiels und definierten das Gameplay. Was die Kanadier technisch umsetzten, verbesserten und mit der Story verbanden. So empfand Shigeru beispielsweise die Charaktere als zu wenig lebensecht, woraufhin die Silicon Knights Crew das „Reactive Animation System“ entwickelten. Ein System, bei dem die Augen von Charakteren Dingen folgten oder sich Charaktere leicht bewegten, selbst wenn der Spieler nichts am Controller machte.

Wie zuvor für Too Human, betrieben Ken und Denis Nachforschungen zu Okkultem und realen Ereignissen der menschlichen Zivilisation. Sie verwoben Fakten mit Fiktion. Auf diese Weise entstand aus dem mongolischen Militärführer Tamerlan, der in der Tat die Bewohner der eroberten Städte abschlachtete, die Legende der Pillar of Flesh. Es wuchs ein psychologischer Thriller mit düsterem Theme heran, welcher den Spieler verschiedene Charaktere, vom Special Forces Commando bis zu einem Mönch, steuern ließ. Alles fing mit Hauptprotagonistin, Alexandra Roivas, an, die im Haus ihres verstorbenen Großvaters, den Tome of Eternal Darkness entdeckte. Das Buch erzählte von einem römischen Zenturio, der von den Uralten korrumpiert, in ein Zombie-artiges Wesen verwandelt wurde und so unzählige Gräueltaten im Verlauf der Jahrhunderte arrangierte.

Den Horror generierte Silicon Knights dabei nicht nur durch die düstere Optik, sondern ebenfalls indem sie die Erwartungen der Spieler zerstörten. So steuerte der Spieler in einem der längsten Level, Priester Paul Luther durch eine Kathedrale. Dem Spieler wurde veranschaulicht, dass er auf einen gigantischen Boss-Kampf zu lief. Aber den gab es nicht. Das Monstrum machte Paul mit einem Schlag platt. Ein Ereignis, was Nintendo ebenso überraschte wie die Käufer. Eine weitere Sache, von der sich Super Mario Erfinder Shigeru Miyamoto äußerst beeindruckt zeigte, war die technische Kompetenz der Silicon Knights. Denn dem Team gelang es tatsächlich Eternal Darkness ohne Expansion Pak im 640×480 Hi-Res Mode des N64 laufen zu lassen. Etwas das Shigeru kaum glauben konnte und sich während der Demonstration vergewisserte, ob wirklich keine Speichererweiterung im Dev-Kit steckte. Silicon Knights Programmierer schrieben dafür die gesamten Kollisionsdaten selbst. Aber in ihren Augen war es den Aufwand wert, denn es sparte obendrein viel Geld. Auf der anderen Seite resultierten derartige Innovationen und die ständige Koordination zwischen Kanada und Japan in einer sehr ausgedehnten Entwicklungsdauer. Einer derart langen Periode, dass Nintendo zwischenzeitlich ihre Folge-Konsole den GameCube herausbrachte und Denis eines Abends von Henry einen „Sitzt du gerade?“ Anruf bekam. Es war einer der größten Schocks Denis Lebens, denn Eternal Darkness hatte das Alpha-Stadium da bereits hinter sich gebracht und lief auf die Zielgerade zu. Doch am folgenden Tag mussten sie auf dem GameCube von Vorne beginnen. Auch wenn Nintendos Spielwürfel mehr RAM und ein CD-Laufwerk bot, zeigten sich viele Silicon Knights von der Anordnung alles andere als begeistert. Denis scherzte bereits, er wolle ein Buch darüber schreiben, was für Ereignisse höherer Gewalt ihnen so passierten und es „Legacy of Pain“ betiteln. Dabei wusste er zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht, dass das größte Kapitel dieses Buches noch vor ihnen lag. Aber wie Rareware’s letztes N64 Spiel, Conker’s Bad Fur Day, zeigte, war Nintendos Kurswechsel gut begründet. Denn das Jump’n’Run wurde Rareware’s größter finanzieller Fehlschlag, mit gerade ein Mal 55.000 verkauften Modulen.

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