Silicon Knights Historie – Die Tücken der Videospiel-Entwicklung

by Pandur

Silicon Knights Open-World-Horror-Game, The Box, nahm in der Zwischenzeit einen ähnlich morbideren Kurs. Sowohl für Too Human als auch The Box beabsichtigten die Silicon Knights erstmalig auf die Entwicklung einer eigenen Game-Engine zu verzichten. Weshalb sie Epic’s Unreal Engine 3 lizenzierten. Doch dessen Xbox 360 Version erschien erst anderthalb Jahre nach Projektbeginn und Sony’s Playstation 4 Dev Kits ebenfalls. Von einer Playstation Unreal Engine Variation ganz zu schweigen. Wodurch das Spiel den ursprünglich geplanten Erscheinungstermin von Februar 2007 um Lichtjahre verpasste. Bedauerlicherweise machte Geldgeber Sega im letzten Quartal des 2007er Geschäftsjahres 230 Millionen Dollar Verlust und im folgenden Jahr weitere 119 Millionen. Weshalb sie The Box an THQ abstießen. Letztere gingen aber noch im selben Jahr bankrott, wodurch das ehemalige Silent Hill Projekt sein Ende fand. Finanz-Analyst Terry Lloyd berechnete abschließend, das Spiel hätte höchstwahrscheinlich 2.800.000 Exemplare verkauft, wäre es je vollendet geworden.

Entgegen der Kritiken Vieler war Justin Farren von Too Human überzeugt und darüber hinaus ein Fan der Marvel Comics, für die sein Arbeitgeber, Activison, seit vier Jahren die Lizenzrechte inne hielt. Weshalb er Ende 2008 mit dem Vorschlag eines ähnlichen Spiels im X-Men Universum an Denis heran trat. Justin und der Silicon Knights Chef entschieden, dem Spieler dabei die Wahl seines Charakters zu überlassen. Die Auswahl sollte sich in Puncto Hintergrund, Ethik sowie Persönlichkeit unterscheiden, damit es in ihrem X-Men Destiny für jeden Spieler etwas gab, mit dem er sich identifizieren konnte. So entstand z.B. die Kleinstadt Sportskanone Grant Alexander, welche fürs Football Stipendium nach San Francisco zog und dort groß raus kommen wollte. Zunächst basierten der Activision Produzent und Silicon Knights Chef diese Charaktere auf den typischen Archetypen des Nahkämpfers, Fernkämpfers und Heilers. Doch dann entschieden sie, die Freiheit bei der Charakter-Gestaltung zum zentralen Faktor des Spiels zu machen. Wodurch, mit Zustimmung von Marvel Entertainment, drei neue Mutanten entstanden. Für sie wählte der Spieler eine Kern-Kraft, wie beispielsweise Energieprojektion zum Verschießen von Projektilen oder Massendichtekontrolle, um den eigenen Körper zu Stein werden zu lassen und sammelte dann im Spielverlauf sogenannte X-Genes ein, um diese weiter zu modifizieren sowie Spezialfähigkeiten zu erlangen.

Denis Dyack wuchs zwischenzeitlich zu einem begnadeten Designer heran, war jedoch alles andere als der typische Comic-Buch-Fan. Selbiges galt für Silicon Knights gesamten Führungsstab. Weshalb die Kanadier für den Plot des Spiels X-Men Comic-Buch-Schreiber Mike Carey (Age of X) engagierten. Mike siedelte X-Men Destiny in einer alternativen Zeitlinie, abseits von „Age of Apocalypse“ oder „Days of Future Past“, an, behielt aber wichtige Eckpfeiler des Universums bei. So wurde Professor X von Bastion, dem Mutanten-jagendem Sentinel aus der Zukunft, ermordet und die Xavier Akademie dezimiert. Die extremistischen Purifier, welche sich der Säuberung der Mutanten verschrieben, gelangten an die Macht. Sie fingen an Mutanten zu kidnappen und zu exekutieren. Als letzte Rettung gewährte San Francisco, den Schutz suchenden Mutanten, Amnestie und verteidigte sie mit Friedenswächtern. Auf einer Friedenskundgebung zu Ehren von Charles Xaviers Tod brach dann die Hölle aus, der Himmel füllte sich mit Feuer und das Mutanten-Gen des Spielers erwachte. Von dem Punkt an, traf der Spieler in vordefinierten Entscheidungsmomenten seinen persönlichen Spielverlauf, wie z.B. ob er sich den „guten“ X-Men oder der „bösen“ Brotherhood of Evil Mutants anschließen wollte.

Bis zur Entstehung X-Men Destinys strukturierte Denis seine Firma ähnlich einer Gilde. Bestehende Anhänger gaben erlangtes Wissen an neue weiter und lediglich langjährige Mitglieder stiegen innerhalb der Hierarchie auf. Die erste Ausnahme wurde Julian Spillane, der 2005 mit einigen Freunden in Waterloo Frozen North Productions (Flip’s Twisted World) gründete. Da Julian und Denis die einzigen Besucher von amerikanischen Messen wie der GDC aus der Ontario Gegend waren, begegneten sie sich ständig am Flughafen und genossen gemeinsam Drinks. Als riesiger Fan der Marvel Comics und ebenso Silicon Knights Spielpalette, fiel es Denis leicht Julian als Stellvertretenden Projektleiter X-Mens in die Gilde zu holen. Denn obwohl das Projekt da bereits anderthalb Jahre in Entwicklung war, umfasste es erst einen fertigen Level, was ausgerechnet das Chinatown Szenario der dritten Mission war. Zudem konstruierte das Team Abstrusitäten, wie den Spieler den unverwundbaren Juggernaut verprügeln zu lassen. Also den Comics zur Folge unmögliche Ereignisse. Julian lenkte diese in die richtige Bahn und trieb die Entwicklung des Xbox 360 sowie Playstation 3 Version voran. Denn bis zu dem Zeitpunkt, lief X-Men Destiny lediglich auf der Wii gut.

Doch bevor er Wunder vollbringen zu vermochte, nahm das Projekt eine entscheidende Wendung. Ende August 2009 kaufte das Walt Disney Imperium Marvel Entertainment. Was bedeutete, Geldgeber Acitivision produzierte von einem Tag auf den anderen ein Spiel für seinen Konkurrenten! Denn beide Konzerne waren Videospiel-Publisher und für jedes verkaufte Marvel Spiel, zahlte Activision fortan Disney prozentuale Gewinne. Woraufhin Activision im ersten Schritt die Zahlungen für die X-Men Destiny Entwicklung an Silicon Knights stoppte und Denis die Produktion intern herunterfuhr. Nichts desto trotz arbeitete ein kleines Team weiter am Spiel, während der kalifornische Konzern die Lage neu bewertete. Obwohl Activision die Marvel Lizenz 128 Millionen Dollar kostete, rentierte sie sich über die Jahre durch Spiele wie Raven Software’s X-Men Legends Reihe oder Marvel: Ultimate Alliance. Aber ausgerechnet während der Disney Übernahme, generierte Infinity Ward’s Call of Duty: Modern Warfare 2 über eine Milliarde Dollar Umsatz. Wodurch Activision ihre gesamten Prioritäten verlagerte und sich neu strukturierte. Der Call of Duty Franchise wurde zum Hauptfokus und wuchs zu einem der vier Grundpfeiler des Publishers. Blizzard Entertainment blieb unangetastet und die übrigen internen IPs wie z.B. Guitar Hero oder Tony Hawk Skateboarding wurden in einer weiteren Abteilung zusammengefasst. Sämtliche externen Lizenzen, zu denen James Bond, Percy Jackson oder eben Marvel Comics zählten, wanderten zum Sterben in die kleine Minneapolis Zweigstelle. Wodurch X-Men Destiny abseits der Finanzierung auch seinen Produzenten und einzigen Fürsprecher in Activisons Reihen verlor.

Denis versuchte das Projekt durch Kontaktaufnahme zu Disney zu retten. Diese erkannten das Potential X-Men Destinys und begaben sich ihrerseits an den Verhandlungstisch mit Activision. Aber die Klauseln des ursprünglichen Lizenzvertrags ließen sich dermaßen schwer lösen, dass die Verhandlungen letztlich scheiterten. Im gleichen Zug verhinderte der Vertrag jedoch die komplette Einstellung des Spiels. Denn in dem Fall wäre eine Strafgebühr fällig gewesen. Die kostengünstigste Lösung für Activision lag somit darin, X-Men Destiny unabhängig seines Entwicklungsstandes so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen und den Franchise nie wieder anzurühren. Weshalb sie das Spielbudget halbierten und Julian nur noch dafür sorgte, ein Spiel ohne Game-Stoper-Bugs auszuliefern. Entsprechend miserable fielen die Wertungen der Magazine aus. Beim September 2011 Release, rangierte die Durchschnittswertung je nach Plattform zwischen 32% und 50%. Ironischerweise wuchsen die Verkaufszahlen mit rund einer Million zu einem von Silicon Knights bestverkauften Spielen. Man stelle sich vor, was das fertige Spiel erreicht hätte …

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