Apogee / 3D Realms – Die Erfinder der Shareware-Spiele

by Pandur
Duke Nukem ballt die Fäuste

Obwohl id Software Tom Hall gefeuert hatte, bestand zunächst noch eine gute Geschäftsbeziehung zwischen Apogee und id. Id ließ Apogee sogar die Wolfenstein-Engine benutzen, um den offiziellen Nachfolger Wolfenstein 3D: Rise of the Triad zu programmieren. Als die Veröffentlichung von Doom näher rückte, wendete sich das Blatt jedoch. Id Software entschied, Doom selbst nach dem Apogee Modell zu vertreiben. Scott Miller hatte schließlich kein Patent auf Shareware. Womit Apogee gleich zwei Rückschläge hinnehmen musste. Denn John Romero rief Scott obendrein an, um ihm die Wolfenstein Lizenz zu entziehen. Auch wenn er keine Gründe nannte, vermutete Scott, dass sie Wolfenstein 2 nicht in direkter Konkurrenz zu Doom sehen wollten. Apogees Nachfolger war zu dem Zeitpunkt schon acht Monate in Produktion gewesen. Diverse Artworks, die Storyline und mehrere Level waren bereits fertig, als das Spiel zurück ans Reißbrett ging, um die Wolfenstein-Verbindung zu kappen.

Scott Miller hatte derweil ein Buch über Marketing gelesen und dabei klickte es. Er beschloss, seine Firma vom Arcade-Image zu lösen und gänzlich den 3D Spielen zu verschreiben, welche aus seiner Sicht die Zukunft des Gaming werden würden. Deshalb erschuf er im Juni 1994 das „3D Realms“ Label, was von da an Apogees Aushängeschild sein sollte. Der Name war einer der wenigen, auf den Scott kam, der sowohl als Domain als auch Telefonnummer verfügbar waren. Nummern wie 1-800-3DREALMS waren für ihre Vermarktung ebenso wichtig wie das sich langsam etablierende Internet. Mit der Ankündigung der Namensänderung gab Scott die Entwicklung vier neuer 3D Shooter bekannt:
Duke Nukem 3D mit dem typischen Sci-Fi Theme, entwickelt von Todd Replogle und Allen Blum
Shadow Warrior 3D eine asiatische Variante nach dem Duke Nukem Vorbild von Jim Norwood und Frank Maddin
Ruins: Return of the Gods, eine Expedition in ägyptische Tempelanlagen von den gerade bei Nintendo Amerika ausgestiegenen Brian McNeely und Paul Lange.
Blood eine düstere Horror-Variation in Zombie-gefüllten Gruften und Kirchen von Peter Freese und Nick Newhard, die mit ihrem Seattle-Studio zu Apogee West wurden.

Alle vier Spiele sollten auf der Build Engine basieren, an welcher Ken Silverman bereits seit März 1993 programmierte.

Parallel zu Wolfenstein 3D hatte Ken über Epic MegaGames sein erstes Spiel Ken’s Labyrinth veröffentlicht, was als direktes Konkurrenzprodukt selbstverständlich Scotts Aufmerksamkeit erregte. Ähnlich wie John Carmack seine Erfahrungen zur Doom Engine weiterführte, tat Ken es ihm mit der Build-Engine gleich. So hatten Epic MegaGames und Scott sich gegenseitig hoch geboten, um Ken ins eigene Team zu holen. Während Ken Silverman also die Basis für 3D Realms zukünftige Spiele schrieb, füllten die vier Teams ihre Spiele mit Leben.

Zur gleichen Zeit arbeitete das 11-köpfige „Developers of Incredible Power“ getaufte Team von Tom Hall immer noch an Rise of the Triad. Dank der Trennung von Wolfenstein 3D entstand eine bizarre Mischung aus wenig harmonischen Elementen. Der Spieler rannte beispielsweise mit einer Walther PP, MP 40 oder Bazooka durch die Level und wurde von Feinden in Nazi-Uniformen attackiert, obwohl das Spiel, laut der neuen Geschichte nahe Los Angeles spielte. Er schlüpfte in die Rolle von HUNT Agenten – der High-risk United Nations Task-force – welche die Aktivitäten eines mörderischen Kults in einem alten Kloster auf San Nicolas Island aufklären sollten. Ihr Boot und somit einziger Rückweg wurde bei der Ankunft von Kult-Patrouillen zerstört und so mussten sich die Agenten ihren Weg über die gesamte Insel frei schießen. Was Rise of the Triad in Puncto Kontinuität fehlte, machte es dafür mit Innovationen wett. Es wurde das erste Spiel mit einer Altersbeschränkungssperre für Kinder. 11 Spieler konnten gleichzeitig über Netzwerk gegeneinander antreten. Es bot 9 verschiedene Multiplayer Moden und fünf Charaktere mit unterschiedlichen Attributen. Weshalb es einige Jahre später zum besten Deathmatch Game aller Zeiten gewählt wurde. Als es im Dezember 1994 erschien verkaufte 3D Realms 150.000 Exemplare von Rise of the Triad. Es wären zweifellos mehr geworden, hätten sie das Wolfenstein-Zugpferd im Titel gehabt. Aber auch so durfte 3D Realms äußerst stolz auf ihren ersten selbst entwickelten Ego-Shooter sein.

Das erste Spiel, was tatsächlich mit dem 3D Realms Logo erschien, wurde jedoch Terminal Velocity. Was eher als actionreiches futuristisches Flugspektabel beschrieben werden sollte und nicht ganz als der typische Ego Shooter. Es versetzte den Spieler ins Jahr 2704, wo sich die Alliance of Space-Faring Alien Races, zu denen auch die Erde gehörte, plötzlich gegen die Menschheit wandte und der Spieler in seinem TV-202 Starfighter mit Ionen-Kanonen, Discrete Annihilation Missiles und Shockwave Torpedos Gefechte im Luftraum von Planeten ausfechten musste. Wodurch es sich stark von konkurrierenden Space-Combat-Simulatoren wie Wind Commander oder X-Wing abhob. Statt in die Weiten des Weltraums abzuheben, drang Terminal Velocity sogar ins Erdinnere vor. Der Spieler konnte in Tunnel eintauchen, worin er, entgegen dem optisch ähnlichen Descent, die Fähigkeit verlor sein Schiff zu wenden. Stattdessen bretterte er durch die Tunnel, zerfeuerte Feinde und umflog Hindernisse, ähnlich der Trench Runs von Star Wars. Der Grund für die Planetennähe lag zweifellos bei seinem Erfinder Mark Randel, welcher zuvor der leitende Programmierer von Microsofts Flight Simulator gewesen war. Da Mark seine erste eigene Firma Terminal Reality ebenfalls in Garland Texas eröffnete, lag es quasi nah, deren Debüt-Produkt von 3D Realms finanzieren und vertreiben zu lassen. Entgegen langweiliger Flugstunden auf der Erde, steuerte der Terminal Verlocity Pilot mit Afterburner über Berge, Bäume und Flüsse von drei außerirdischen Planeten hinweg. Besonders durch die hohe Fluggeschwindigkeit kam ein enormer Spielspaß auf. Terminal Velocity wurde ein äußerst gelungener Start für 3D Relams und TRI, was sich später mit Fury³ und Hellbender fortsetzte. Auch wenn die folgenden Spiele wieder über Microsoft vertrieben wurden, zeigte gerade das einen großen Unterschied zwischen Apogee und herkömmlichen Publishern. Denn Apogee beanspruchte die Rechte am IP und die Engine-Technologie nicht für sich. Die Firmen der Entwicklerteams behielten sämtliche Rechte an ihren Spielen und konnten sich für Nachfolger problemlos umorientieren.

Im folgenden Juli 1995 bekam Apogee den „Special Recognition Award“ und Scott Miller selbst eine Auszeichnung für sein Lebenswerk von der Shareware Industry Foundation verliehen. Was extrem kurios war, denn als Scott sechs Jahre zuvor mit seinen Shareware Veröffentlichungen begann und der Gemeinschaft beitreten wollte, untersagten diese ihm den Beitritt, weil er aus deren Sicht gegen die Regeln verstoßen und die Produkte verkrüppeln würde. Erst mit dem Durchbruch von Wolfenstein 3D begannen sie Scotts Arbeit anzuerkennen.

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