Origin Systems – Richard Garriotts Ultima und die Evolution der Rollenspiele

by Pandur

Anderthalb Jahre zuvor, im August 1985, also einen Monate vor dem Ultima 4 Release, hatte Robert einen neuen Vertrag mit Electronic Arts ausgehandelt. EA musste ihnen bis zum 1. September 1986 Spiele im Wert von 3,3 Millionen Dollar abgekauft haben und ein Jahr später 9,3 Millionen. Damit wurde EA für ein weiteres Jahr das Vertriebsrecht der Origin-Spiele zugesichert. Die ersten 18 Monate der Vertragszeit verliefen für Origin nach Plan. Das Problem begann, als Richard zurück nach Austin zog und EA einen Ultima Klon namens Deathlord produzierte. Da Richard derartige Plagiate nicht als Spielerei abtat, beschlossen er und Robert den Vertrag mit Electronic Arts ihrerseits aufzulösen. Sie glaubten dazu im Recht zu sein, da EA ohnehin nur Spiele im Wert von 6,6 Millionen statt 9,3 Millionen Dollar gekauft hatte. Also informierten sie EA darüber, dass sie einen neuen Vertrag mit Broderbund aushandeln würden. EA entgegnete jedoch, dass der fehlende Umsatz kaum ihr Fehler sein könne, da Richard nicht genügend Ultima Spiele produziert hätte. Immerhin hätte sich Ultima IV um ein Jahr verzögert und Richard EAs Vorschlag abgelehnt ein Ultima IV Teil 2 auf Basis der vorhandenen Technologie zu produzieren. EA sah gar nicht ein Origin davon kommen zu lassen. Ihre Anwälte fanden einige zeitliche Diskrepanzen bei der Auslieferung von Origins Moebius und Ogre, was das Vertragsziel auf 8,4 Millionen drückte und bestellte für weitere 1,8 Millionen Dollar irgendwas bei Origin. Origin war ihrerseits verpflichtet der Bestellung innerhalb 90 Tagen nachzukommen und sich an den Vertrag zu halten. Das EA überhaupt gewillt war zusätzliche 1,8 Millionen in Origin zu stecken, lag darin begründet, dass Richard neben der Ultima V Produktion zwischenzeitlich die Rechte der ersten Ultima Spielen von Sierra On-Line zurückgekauft hatte. Ein Remake dieser, auf Basis der aktuelle Technologie, war bereits im vollen Gange. Worin EA enorme Umsatzchancen für sich oder einen eventuellen anderen Vertragspartner sah. Normalerweise wäre Origin an der Stelle bereits von EA zerquetscht worden oder mit dem Branchenriesen verschmolzen. Zu Richards Glück war ihr neuer Verhandlungspartner, Broderbund, jedoch damals ein ähnliches Schwergewicht wie EA und gewillt die Streitigkeiten vor Gericht auszutragen. Es half außerdem, dass Broderbunds Chef, Doug Carlston, selbst Rechtsanwalt war. Letztlich zahlte Broderbund EA eine Ablösesumme und erhielt das zweijährige Vertriebsrecht für Origin-Spiele. Broderbund bekam somit zunächst das Remake der ersten Ultima Trilogie und EAs Deathlord floppte so richtig.

Die Produktion von Ultima IV hatte Richard fasst zwei Jahre gekostet. Doppelt so lange wie die vorherigen Spiele und ihn zusätzlich fasst den Verstand gekostet. Dennoch sträubte er sich, die Programmieraufgabe anderen zu überlassen und ließ auch kein Ultima IV Part 2 mit der gleichen Technologie zu. Letzten Endes gestand Richard sich ein, dass er Hilfe brauchte. Für Ultima V kam sie in Form von Steve Meuse und John Miles daher. Steve Meuse schrieb Tools, welche die Welten-Erschaffung vereinfachten und ein neues Interface fürs Spiel. John Miles nahm Richard hingegen den Großteil der eigentlichen Spielprogrammierung ab. Womit Richards Arbeit als Programmierer 1986 endete. Von da an klopften immer mehr Programmierer an die Tür des Austiner Studios. Ultima V’s Credits sollten letztlich sechs Programmierer neben Richard Garriott umfassen. Bei so vielen Mitarbeitern bedurfte das Team ebenfalls eines Projektmanagers oder „Produzenten“, wie es in der Spielindustrie hieß. Diese Rolle fiel Dallas Snell zu, der bis dahin Text-Adventures wie The Quest und Ring Quest für Penguin Software geschrieben hatte. Der ehemalige Origin-Cover-Designer Denis Loubet wurde neuer Grafiker des Spiels und auf diese Weise war das Ultima Produktionsteam von einem Spiel zum nächsten auf stolze 14 Leute gewachsen.

Richard bescherte das neue Team die Freiheit Ultima V: Warriors of Destiny weitaus durchdachter zu designen. Während Ultimas Kampfsystem bisher nur eine Art Ranking für Waffen zu Grunde legte, entwarf Richard nun ein waschechtes Kampfsystem, das sowohl auf dem Papier als auch im Spiel funktionierte und Waffen genauso wie Rüstungen und Magische Effekte berücksichtigte. Richard verbrachte allein mit dem Balancing dieses volle sechs Monate und plante es parallel als Tabletop RPG herauszubringen. Auch wenn das nie geschah, deutete es doch den Fortschritt der Spielmechanik an.
Ultima 5s Welt wurde doppelt so groß wie die des vierten Teils. Obwohl die Weltkarte immer noch der des Vorgängers entsprach, wuchsen alle Städte und Burgen im Ausmaß. Jeder Nicht-Spieler-Charakter darin hatte drei Mal so viel zu sagen wie bisher und folgte einem realistischen Tag- und Nachtzyklus. Zudem war jeder noch so kleine Gegenstand, von Stuhl, über Fackeln bis hin zur Harfe benutzbar und das immer noch bei lediglich 64KB Arbeitsspeicher! Außerdem gestattete Ultima zum ersten Mal den Import des Spieler-Charakters aus dem Vorgänger-Spiel. Etwas das Richard sich Wizardry abgeguckt hatte. Als kleinen Seitenhieb für EA taufte Richard das Mausoleum Britannias Pirt Snikwah (Trip Hawkins rückwärts).
Was die Moral an ging, wurde die Welt von Ultima 5 deutlich chaotischer. Es gab viele Schichten von grau, statt schwarz und weiß. Nachdem der Spieler den Kodex auf der untersten Ebene von Ultima 4s Dungeon gefunden hatte und zum Avatar der Tugenden aufgestiegen war, wurde er ins langweilige 20. Jahrhundert der Erde zurückbefördert. Die Zauberer Britannias verwendeten den Kodex in der Zeit um einen Berg mit einem Schrein für ihn darauf zu erschaffen. Was gleichzeitig einen Hohlraum unter der Oberfläche Britannias erzeugte. Da es dem Land gut ging, beschloss Lord British selbst eine Expedition in die Unterwelt zu leiten, bei der er leider verschwand. Wodurch ein neuer Regent namens Lord Blackthorn auf den Thron kam und die Shadowlords die Städte Britannias terrorisierten. Der zur Hilfe eilende Spieler fand im Verlauf von Ultima 5 heraus, dass die Shadowlords zur Zeit von Ultima 1 Mondains Edelstein der Unsterblichkeit entsprungen waren. Sie repräsentierten Lügen, Hass und Feigheit. Das genaue Gegenteil der Tugenden Ehrlichkeit, Liebe und Tapferkeit. Diese hatten Blackthorn korrumpiert und ihrem Willen unterworfen.
Ultima 5 umfasste auf dem Apple II mittlerweile vier Disketten und auf dem C64 sogar fünf. Ferner enthielt die Verpackung neben der typischen Stoffkarte ebenfalls eine geprägte Münze, welche den Kodex verkörperte. Als es im März 1988 erschien, verkaufte es sich 200.000 Mal. Viele Magazine wählten es zum Spiel des Jahres und später besten Spiel aller Zeiten. Richard bezeichnete es Jahre später als sein bestes Ultima.

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