Origin Systems – Richard Garriotts Ultima und die Evolution der Rollenspiele

by Pandur

Zwei Jahre zuvor, 1986, hatte Paul Neurath zusammen mit Edward Lerner für die Wizardry Produktionsfirma Sir-Tech Deep Space: Operation Copernicus programmiert. Das erste Computerspiel mit gefüllten Polygonen und sechs Freiheitsgraden. Während sein Freund Ed danach Flugsimulationen für Electronic Arts entwickelte, schloss sich Paul Origin in New Hampshire an. Dort half er zunächst bei der Konvertierung der Steve Jackson Tabletop Games in Videospiele. Was zu Origins weniger erfolgreichen Spielen wie Ogre oder Omega führte. Anschließend verband er die Weltraumkampfsimulation von Deep Space mit Rollenspielelementen. Das Space Rogue betitelte Produkt vermarktete Origin 1989 als „Ultima in Space“, da es zwischen der traditionellen Überblickperspektive von Ultima für den Rollenspielteil und zwei verschiedenen 3D-Perspektiven für Weltraumflüge und -kämpfe wechselte. Space Rogue erfreute sich besonders in Japan großer Beliebtheit und schien sich zunächst zu einer parallelen Spielereihe neben Ultima zu entwickeln. Als Origin 1989 jedoch das New Hampshire Büro endgültig schloss und die gesamte Firma nach Austin verlagerte, blieb Paul zurück und eröffnete stattdessen dort sein eigenes Videospiele-Studio. Die Entwicklung der Weltraumkampfsimulationen übernahm im selben Jahr Chris Roberts, dessen Wing Commander im September 1990 tatsächlich zu Origins zweiter Hit-Spiele-Reihe avancierte.

Ultima 5 zählt bis heute zu den ambitioniertesten Projekten, die jemals auf dem Apple II realisiert wurden. Aber genauso, wie Richard sich bei dessen Entwicklung auf die Hilfe anderer angewiesen war, musste er währenddessen bereits das Ende des Apple II eingestehen. Volle sieben Jahre hatte Richard mittlerweile den PC ignoriert, weil er glaubte, die Maschine würde sich nicht gegen das elegante Design Apples durchsetzen. Aber als Ultima 5 halb fertig gewesen war, war der Apple Markt beinahe kollabiert und der IBM PC war der neue Platzhirsch. Robert und Richard mussten bereits für die Ultima 5 Entwicklung unzählige neue Programmierer einstellen, die das Spiel ebenfalls für den PC entwickelten. Das brachte eine lange Durststrecke mit sich. Richard hatte parallel sein Anwesen in Austin fertiggestellt, was er gerade begann abzuzahlen. Um Ultima 5 überhaupt ausliefern zu können, musste er sein Haus bereits wieder als Sicherheit hinterlegen. Zudem nahmen Richard und Robert Millionen in persönlichen Krediten auf.
Die Programmierer der PC-Versionen von Ultima 5, Herman Miller und Cheryl Chen, wurden für Ultima VI zu den neuen leitenden Programmierern, da John Miles Kenntnisse bei der C-Programmierung fehlten. John versuchte parallel bis März 1989 Richards Ideen auf dem Apple II zu realisieren, sie mussten dann jedoch endgültig das Ende der Apple Ära akzeptieren. Abgesehen vom Programmierer-Wechsel bekam das Origin Team einen weiteren Neuzugang, der laut Richard alle weiteren Ultimas zu besseren Spielen machte: Warren Spector. Der mittlerweile 33-jährige und damit älteste Origin Mitarbeiter, war in New York City geboren und hatte zunächst eine Filmkarriere angestrebt. Als er dann aber Interesse an Tabletop-Spielen fand, landete er als Game-Designer bei Steve Jackson Games in Austin. 1987 war er kurzzeitig nach Wisconcin ausgewandert, um dort für die D&D Produzenten von TSR zu arbeiten. Seinen Weg zu Origin fand Warren auf Grund seiner Begeisterung für Ultima IV. Pünktlich zum Beginn der PC-Programmierung fing er im April 89 als Produzent von Ultima VI bei Origin. Warren formte aus Richards unaufhaltsamen Ideenfluss ein klares Design Dokument und legte Meilensteine der Entwicklung fest. Als Inspirationsquelle für das neue Interface des Spiels griff das Team auf die Arbeit eines weiteren neuen Mitarbeiters zurück. Chris Roberts und sein C64 Action-RPG Times of Lore. Wobei erwähnt werden sollte, dass Chris Roberts diese Optik wiederum von Microillusions „The Faery Tale Adventure“ abgeleitet hatte. Nichts desto trotz übernahm Ultima 6 sogar Icons 1:1 von Times of Lore. Denn ganz Ultima 6 konnte mit der Maus gesteuert werden. Was ein gewaltiger Fortschritt war, da die letzten Spiele sämtliche Tasten der Tastatur und sogar Tastenkombinationen belegten. Zu diesem Zweck implementierte Origin außerdem ein neues Inventarsystem, dessen Management sie sich wiederum von FTLs Dungeon Master abguckten. Aber die größte konzeptionelle Änderung des sechsten Teils waren die bisherigen Spielmodi. Ultima hatte einen Wildniss-Reise-Modus, einen Zweiten zum Erkunden von Städten sowie Burgen, dann den Ich-Perspektive-Modus für Dungeon-Erkundung und einen Kampf-Modus. Ultima 6 fasste alle diese Modi in einer Draufsicht auf der gleichen Karte zusammen. In den Dungeons war das für den Realismus ein großer Rückschritt. Aber was das Spielerlebnis anging, war es ein weiter Schritt voraus. Während Schlachten in Ultima V auf der Spitze der Komplexität waren, bekam Ultima VI einen automatischen-Kampf-Modus. Die letzten Überbleibsel von Klassen und Völkern verschwanden ebenfalls und Charaktere wurden lediglich noch in Stärke, Geschicklichkeit und Intelligenz definiert. Glücklicherweise verschwand dabei ebenso die Notwendigkeit der Reagenzien zum Wirken von Zaubern. Cheryl schrieb das neue Ultima Conversation System, was den lästigen Parser mit Begriffe raten gegen hervorgehobene klickbare Begriffe im Text ersetzte. Die lebendige Welt behielt Ultima VI bei. Weiterhin war alles benutzbar und es gab somit auch verschiedene Ansätze etwas zu bewältigen. Eine Tür konnte beispielsweise geöffnet werden, indem der Spieler den Schlüssel fand oder vielleicht stahl. Alternativ ließ sie sich mit ausreichend Stärke aber auch zerstören. Kaum ein anderes Spiel der Zeit wagte derartige Komplexität der Spielwelt. Sie ging sogar so weit, dass der Spieler einen Beruf ausüben und damit Geld verdienen konnte. Beispielsweise Bäcker werden, also Getreide ernten und mahlen, das Mehl mit Wasser vermengen und im Ofen backen.
Was die Geschichte an ging, fand Richard erst fünf Monate vor Auslieferung den Grund für die Anwesenheit des Avatars in Britannia. Eines Nachts auf Austins Feiermeile, der sechsten Straße, kam ihm die Idee eines heiligen Krieges, den der Avatar gegen seine Feinde führen sollte. Warren und Richard formten die Geschichte daraufhin mit dem Gedanken im Hinterkopf. Der Spieler in der Rolle des Avatars wurde von der Erde nach Britannia gerufen, weil dämonisch aussehende Gargoyles überall im Land aus Rissen traten, die acht Schreine der Tugenden schändeten und versuchten den Kodex der ultimativen Weisheit in ihren Besitzt zu bringen. Selbstverständlich war nichts wie es schien. So kristallisierte sich nach kurzer Zeit der Grund heraus, warum die Dämonen die Menschen und den Avatar im Speziellen hassten. Wodurch der Spieler im Verlauf des Spiels davon abwich, das Land gewaltsam von ihnen zu befreien und am Ende herausfand, um wen es beim falschen Propheten tatsächlich handelte. Beim Release im März 1990, zwei Jahre nach Ultima V, erhielt das Spiel von den Magazinen gute Kritiken. Die Fans feierten es jedoch mit weniger Enthusiasmus. Dennoch war es ein notwendiger Schritt in Ultimas Evolution und verkaufte sich über 200.000 Mal.

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