Sensible Softwares nächstes Shoot’em’up, entstand hingegen in gerade Mal einer Woche und muss ganz klar als Low-Budget-Titel eingestuft werden. Chris hatte Namcos Galaxian Automat nach programmiert und Jon ein paar Vögel dazu gemalt. Da der C64 ohne Coding-Tricks maximal acht Sprites gleichzeitig darstellen konnte, bekam ihr Galax-i-Birds ein Raumschiff, einen Doppelschuss und sechs Feinde füllten dauerhaft den Bildschirm. Von ihrer Arbeit an Runestone bei LT Software, was eine Auftragsarbeit für Firebird gewesen war, standen Chris und Jon in Kontakt mit Colin Fuidge. Sie verkauften ihm den Galax-i-Birds Shooter für stolze 2.000 Pfund. Ein Betrag, den Firebird durch Verkäufe des Spiels vermutlich niemals wieder rein holte.
Einige Monate zuvor hatte Palace Software Cauldron II: The Pumpkin Strikes Back herausgebracht. Gewissermaßen ein Jump’n’Run, in dem der Spieler einen hüpfenden Kürbis steuerte. Chris liebte das Spielprinzip und hatte die Sprungmechanik schlicht mit einem grünen Ball reproduziert. Genau wie beim Kürbis, gab Jon dem Ball ein Gesicht und sie bauten Löcher als Hindernisse in seinen Weg. Auf dem Suche nach einem komplexeren Spielprinzip gesellte sich erneut eine Shooter-Mechanik hinzu.
Chris und Jon hatten an ihrem C64 einen dieser alten Monitore, die sich per Knopfdruck zwischen Farbe und Schwarz-Weiß umschalten ließen. Einer der beiden drückte ständig daran herum, wodurch sie auf die Idee kamen, das zum Spielziel ihres „Wizballs“ zu machen. Die zerstörten Gegner hinterließen Farbkleckse und damit musste der Spieler langsam die graue Welt einfärben.
Mit diesem Prototypen fuhren sie erneut zu Ocean in Manchester und verkauften ihnen Wizball für 8.000 Pfund plus der zuvor vereinbarten 15% Gewinnbeteiligung. In den folgenden fünf Monaten verfeinerten Jon und Chris das Spielprinzip. Der Spieler steuerte den Wizball parallel durch drei verschiedene Level, zwischen denen er durch die Löcher im Boden wechseln konnte. Feinde hinterließen acht verschiedene Farben, von denen drei benötigt wurden, um die Level in je einem Farbton zu kolorieren. Mit den übrigen durfte der Spieler Extra-Leben, neue Fähigkeiten uvm. kaufen. Besonders die neuen Fähigkeiten veränderten das Spielprinzip drastisch. Denn dadurch ließ sich der hüpfende Ball in ein stufenlos vertikal steuerndes Objekt umwandeln, Schilde nach oben und unten ergänzen, um Feinde bei Berührung zu vernichten usw. In die Hintergründe zeichnete Jon Dinge wie Mount Rushmore. Eine Idee, die ihm beim Entwurf der International Karate Szenarien für System 3 gekommen war.
Während Chris weiterhin in Chelmsford bei seinen Eltern residierte, zog Jon zur Zeit der Wizball Entwicklung mit Oceans Musiker Martin Galway, Gary Liddon vom Zzap64 Magazin und Stavros Fasoulas von Thalamus in ein gemeinsames Haus in Ilford nahe Londons um. Dort spielte Jon Martin Ideen auf seiner Gitarre vor, die Martin dann in den Wizball Soundtrack verwandelte. Bei der Beziehung zu Zzap64 Redakteur Gary Liddon ist es kaum verwunderlich, dass Wizball in dem C64-Magazin mit 96% die beste Bewertung bekam. Aber auch in den anderen Zeitschriften sackte Wizball damals stets mehr als 80% ein.
Nun könnte man denken, dass Jon und Chris finanziell bereits auf der Siegerstraße waren. Aber tatsächlich blieben die vierstelligen Vorauszahlungen das einzige Geld, was sie bekamen. Sie hatten sich beim Parallax Release nicht weiter um die Auszahlung der Gewinnbeteiligungen gekümmert und erst zur Zeit von Wizball bemerkt, dass Ocean gar nicht zahlte. Jons damalige Freundin, Irene, arbeitete in der Buchhaltung von Firebird und half ihnen Schreiben bzgl. der Forderungen aufzusetzen. Dennoch erhielten sie keinen Cent. Weshalb das Sensible Software Team die Zusammenarbeit mit Ocean im Sommer 87 beendete.
Verständlich, dass Sensible Software anschließend versuchte wieder schnell Geld zu verdienen. Die Idee nach weiteren Low-Budget-Spielen kam auf und Chris begann einen Editor zu schreiben, mit dem Jon Grafiken und Level für Shoot’em’ups designen konnte, ohne auf Chrises Coding warten zu müssen. Jon’s erste Schöpfung war Slap’n’Tickle. Ein aufwärts scrollender Shooter mit farbenfroher Grafik. Als Jon damit fertig war, sagte er zu Chris: „Dieses Utility ist wirklich gut. Tatsächlich so gut, dass wir es verkaufen sollten!“. Also verwarfen sie die Idee der Billigspiele und fokussierten sich stattdessen darauf, das Interface benutzerfreundlicher zu gestalten. In der Zeit, wo Chris die Verbesserungen programmierte, entwarf Jon mit dem Editor weitere Spiele. Einen Wilder Westen Shooter, der später zu Ehren ihres Publishers Outlaw getauft wurde, dann Transmuter Man, welches ein Männchen über Computer-Schaltkreise laufen lies und zuletzt Celebrity Squares, was quasi die Käufer anregen sollte, das Spiel zu vervollständigen.
In der fertigen Version des Shoot’em Up Construction Kits umfasste es einen Sprite-Editor, dessen Ergebnisse sich in animierte Objekte für Angriffswellen oder Hintergrundobjekte verwandeln ließen, welche auf die Karte gezeichnet wurden. Soundeffekte ließen sich ebenso erstellen und Muster für Angriffsformationen konnten auf dem Bildschirm skizziert, sowie mit den entsprechenden Sprites verbunden werden. Selbstverständlich durfte der Käufer ebenso einen Titelbildschirm definieren und sogar einen kooperativen Zwei-Spieler-Modus verwenden, den nicht mal viele normale Shoot’em’up der damaligen Zeit boten. Nach acht Monaten Arbeit am Shoot’em Up Construction Kit, boten sie es Palace Software im benachbarten London an, welche Sensible Software 15.000 Pfund und eine 20%ige Gewinnbeteiligung dafür zahlten. Ähnlich wie Electronic Arts damalige Construction Kit Reihe, entpuppte sich Sensible Softwares Werk Ende 1987 als wahrer Verkaufsschlager. Das C64 Original und die Portierungen auf weitere Systeme landeten jeweils auf Platz eins der britischen Verkaufscharts. Jon tourte für die Promotion sogar mit Palace Softwares Pete Stone durch Europa.
Sensibles Shoot’em’up Construction Kit nutzte lediglich Chris typische Soundroutinen, denn Martin Galway hatte zwar im Oktober 1987 Ocean verlassen, aber nicht um zu Sensible Software zu wechseln, sondern zu Origin Systems in den USA. Der zukünftige Wing Commander Erfinder Chris Roberts wohnte nämlich ursprünglich ebenfalls in Manchester und für dessen Origin Debut-Produkt, Times of Lore, steuerte Martin die Musik bei. So machte er sich im Januar 1988 zusammen mit Chris Roberts auf nach Austin, Texas. Martin war gerade dabei den Papierkram für seinen endgültigen Umzug in die USA auszufüllen, als ihn das Sensible Software Duo besuchte und als Partner an Board holte. So arbeitete Martin nach zweieinhalb Monaten bei Origin wieder in Großbritannien an einem Fußballspiel.