In der Zeitspanne, wo Jon hauptsächlich an Mega lo Mania sowie Sensible Soccer saß und neue Mitarbeiter dafür einarbeitete, kümmerte sich Chris um sein Baby. Oder sollte ich besser sagen, Wizard und Niftas Baby? Als Wizball 1987 die böse Maus Zark verbannt hatte, lebten Nifta und Wizard glücklich bis an ihr Lebensende … oder zumindest fasst. Sie bekamen Kinder, um genau zu sein acht Katzen und Wizkid. Jahre später kehrte Zark zurück und entführte die glücklichen Eltern. Welche Wizkid nun aus Zarks Dungeon befreien musste. Statt das Spiel auf einem Shoot’em’up aufbauen zu lassen, ließ sich Chris für den Nachfolger von Arkanoid inspirieren und entwickelte daraus ein äußerst ungewöhnliches Spielkonzept. Wizball oder Wizkid’s Kopf konnte sich nicht nur am unteren Bildschirmrand bewegen, um von dort aus die Kugel wieder empor zu katapultieren. Er war quasi die Kugel. Stieß Wizkid Steinblöcke von unten an, flogen sie in hohem Bogen durchs Bild, ähnlich wie die Pilze bei Super Mario aus den Blöcken sprangen. Zudem konnten sie von der Seite gerammt werden, um sie horizontal zu verschießen, oder mit dem Mund aufgenommen werden, um sie gezielt abzuwerfen. Ziel dabei war es die Feinde des aktuellen Bildschirms mit den Steinblöcken zu treffen. Auch wenn es sich hierbei meist um harmlose Schmetterlinge handelte. Jeder abgeschossene Feind hatte die Chance, eine Note zu hinterlassen. Genau wie die Farbe zuvor, musste der Spieler nun eine Melodie aus den Noten komponieren, um den Level zu vervollständigen. Unterbrochen wurden diese Arkanoid-Level mit dem bekannten Ball, durch Puzzle-Level, in denen Wizkid über einen Körper verfügte und abgedrehte Sachen machte, wie ein Pissoir zu überfluten, um in einem Eimer zurück an die Erdoberfläche zu schwimmen. Äußerst innovativ war zudem der Spielfortschritt. Jeder Level bot drei verschiedene Ausgänge. Vom ersten Level gelangte der Spieler wahlweise in zwei, drei oder vier und von dort aus fünf, sechs oder sieben. Durchs Überspringen fühlte der Spieler sich clever. Aber tatsächlich musste er alle Katzen und Kristalle in den Leveln finden, um am Ende Nifta befreien zu können. Wizkid war ein sehr surreales Spiel, das einem extrem abgedrehtem Traum entsprungen sein zu schien. Nach zwei Hit-Spielen, vertraute Publisher Ocean Sensible Software blind und es war ein gut durchdachtes Spiel mit einer farbenfrohen Welt. Aber Ocean hatte keinerlei Ahnung, wie sie es vermarkten sollten. Nach stolzen 23 Monaten Entwicklung und trotz 80 – 90% Wertungen, wurde Wizkid im Sommer 1992 ein finanzieller Fehlschlag.
Im Sommer 1983, drei Jahre vor ihrer Firmengründung, hatten Chris und Jon auf dem Tapeziertisch von Chris Vater mit Stiften ihr erstes Kriegsspiel erfunden. Parallel zu Mega lo Mania landete DMA Design mit Lemmings ihren damals größten Erfolg. Chris und Jon spielten es zu der Zeit bis zum Abwinken und kamen auf die Idee etwas ähnliches zu designen. Bei ihnen sollten die kleinen Figuren jedoch bewaffnet sein. Eine Idee, welche sie mit Oceans Rambo II kombinierten und wodurch der Spieler, zunächst einen vierer Trupp Soldaten aus der Sensbile Software üblichen Perspektive steuerte. Die Soldaten liefen, wie die Lemminge, in einer Reihe hintereinander. Ein Linksklick steuerte sie in eine neue Richtung und ein Rechtsklick feuerte ihre winzigen Waffen ab. Dann kam der Gedanke auf, sie in kleinere Gruppen zu unterteilen, um strategisch vorgehen zu können. Von da war es ein logischer Schritt ihnen grundlegende Kommandos geben zu können, wie hinlegen, auf alles im Sichtfeld schießen oder Fallen auszulegen. Es gedieh ein Shoot’em’up mit den Sensible typischen putzigen Grafiken und taktischen Elementen. Ein anormales Spielprinzip, aber durchaus erfolgreich, wie es auch Bullfrog’s Syndicate drei Jahre später bewies.
Jon und Chris arbeiteten das Konzept aus und zeichneten bereits die Levelkarten mit Bleistift vor. Es sollten 72 Level, oder genauer gesagt 23 Missionen mit diversen Phasen werden, die in verschiedenen Grafiksets mit individuellen Hindernissen spielten. Die dem Vietnamkrieg nachempfundenen Dschungellevel sollten Treibsand bieten, wohingegen die arktische Schneelandschaft dünnes Eis als Todesfallen hatte. Jeder Level beinhaltete ein kleines neues Feature. Wie das der Erste reiner Dschungel war und der nächste einen Fluss hatte, der durchschwommen werden musste, oder einen Panzer als Fahrzeug umfasste.
Da Sensible Software mittlerweile zu einem Studio mit drei parallel verlaufenden Projekten geworden war, fiel sowohl die Programmierung als auch die grafische Gestaltung erstmalig zwei Neuzugängen zu. Julian Jameson, Spitzname Jools, hatte mit 13 ebenfalls am ZX81 programmieren gelernt, war anschließend bei Tynesoft eingestiegen, dann zu Rare gewechselt und bei den Sensis als erstes mit Cannon Fodder betraut worden. Stoo Cambridge hatte für Impressions‘ Strategiespiele Grafiken gezeichnet und Jon bereits bei Mega lo Mania unterstützt, bevor er Cannon Fodder einen noch zeichentrickartigeren Stil verlieh.
Der Schwierigkeitsgrad von Cannon Fodder war nicht zu verachten. Egal ob Feind oder eigener Soldat, jeder starb beim ersten Treffer. Bei normalen Feuergefechten behauptete sich meist der Spieler, aber schon Granatenwürfe oder abgefeuerte Raketen auf feindliche Gebäude, konnten aufgrund der umherfliegenden Trümmerteile zur Todesfalle werden. Hinzu kamen die gegnerischen Bazooka-Trooper, die auf große Distanz mit einem einzigen Schuss den gesamten eigenen Trupp auslöschen konnten. Selbstverständlich wuchsen die anfänglichen Helden, die nach den Sensible Software Mitarbeitern benannt waren, dem Spieler schnell ans Herz und durch die leichteren Missionen am Anfang stiegen am sie schnellsten auf. Deshalb tat er alles, sie am Leben zu halten. Was zu unzähligen toten Soldaten mit vergessenen Namen im Spielverlauf führte. Eine Entwicklung, die sie zu Kanonenfutter machte und wodurch das Spiel seinen Titel gewann.
Wie in der damaligen Ära von Ikari Warriors üblich, wurde Cannon Fodder bereits durch die ersten Demos von der Öffentlichkeit als abscheuliches Kriegsspiel abgestempelt. Obwohl es von allen noch am humansten mit dem Thema umging. schließlich bekam jeder gefallene Soldat eine namentliche Nennung in der Beerdigungszeremonie. Jon hatte für das Cover eigentlich eine Klatschmohnblüte ausgewählt, die zufälligerweise jedoch das Symbol der Royal British Legion war. Nachdem diese gegen Cannon Fodder Sturm gelaufen war, änderten sie das Cover in eine grüne Dschungellandschaft und das Spiel distanzierte sich mit einer einführenden Texteinblendung von der britischen Armee. Ironischerweise wäre es jedoch gute Werbung für sie gewesen. Denn Cannon Fooder heimste unzählige 93% Wertungen ein und blieb für 12 Wochen in sämtlichen Formaten auf Platz eins der britischen Verkaufscharts. Sensible Software verkaufte über eine Millionen Exemplare des Spiels.