Mega Drive – Segas Sprint in den Himmel der Videospiele

by Pandur

In den Regalen der amerikanischen Kaufhäuser waren Segas Produkte mittlerweile zu finden. Aber Tom wollte mehr. Sie sollten nicht nur einen Teil ihres Jahresbudgets in Sega Produkte investieren, sondern alles. Der Ort und Zeitpunkt, wo das für gewöhnlich geschah, war die Sommer CES in Chicago. Weil er dort aber gegen sämtliche Konkurrenten antreten musste, lud Tom die Einkäufer der Läden bereits am 11. Mai 1992, also einen Monat davor, zur ersten Pre-CES-Show ein. Drei Tage lang durften sich die Händler im Boca Raton Resort & Club amüsieren und zwischendurch Verkaufsveranstaltungen besuchen. Beim Boca Ranton Resort handelte es sich nicht einfach um ein Hotel. Es umfasste einen Golfkurs, 7 Swimming Pools, 30 Tennisplätze, 13 Restaurants und sogar einen eigenen Hafen, für die Geschäftsführer, welche lieber per Yacht anreisten. Das Sega Vertriebsteam präsentierte der Klientel sämtliche Verkaufsschlager des Weihnachtsfestes. Von Ecco the Dolphin über Evander Holyfield Real Deal Boxing bis hin zu gewinnbringender Peripherie. Aber der wichtigste Punkt auf Toms Tagesordnung war, alle amerikanischen Händler ins Boot zu bekommen, um das erste weltweite Erscheinungsdatum für ein Videospiel zu planen. Sonic the Hedgehog 2 musste überall am 21. November 1992 erhältlich sein.

Ein Jahr zuvor, im Juni 1991, als Nintendo ihr Super NES in einer Pressekonferenz dem CES Publikum vorstellte, war noch etwas anderes wichtiges passiert: Die Präsentation des Super NES CD-ROM Systems. Sony hatte, wiederum Jahre zuvor über ihr Imagesoft Label in Santa Monica, NES Spiele produziert. Drei um genau zu sein: Solstice, Super Dodge Ball und Super Sushi Pinball. Letzteres war aber nie erschienen, weil Nintendo es im Rahmen ihres „Seal of Quality“ abgelehnt hatte. Olaf Olafson, Sonys Geschäftsführer des Electonic Publishing Arms – der später mal Sony Computer Entertainment werden würde – wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Wie Acclaim, Tengen und Rare suchte er einem Weg, Nintendos Lizenzvereinbarung zu umgehen. Da Sony finanziell jedoch bedeutend besser als diese drei dastand, wählte er einen gänzlich neuen Ansatz. Sony produzierte den Sound-Chip des Super Nintendos und schloss anschließend eine Partnerschaft zur Entwicklung eines CD-ROM Laufwerks für das Super Nintendo ab. Auf diese Weise definierte Sony quasi ihre eigene Lizenzvereinbarung.
Im Juni 1991 saß Olaf Olafson im Publikum, als Howard Lincoln, Nintendos amerikanischer Vertriebsleiter, die Kooperation bekanntgab und das Super Nintendo CD-ROM System vorstellte. Aber die Firma, die Howard nannte, hieß zu Olafs Überraschung Philips. Nintendo hatte in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht und sich stattdessen mit dem Erfinder der CD verbündet. Olafs mühselige Arbeit war erneut zu Nichte gemacht worden.
Das brachte Sony Amerikas Chef Michael Schulhof und Olaf Olafson dazu, sich wenige Monate später mit Tom Kalinske zu treffen. Um eine Partnerschaft mit Nintendos Erzrivalen zu verhandeln. Das Ergebnis dieser Verhandlungen gaben sie wenige Tage nach dem Boca Event, am 21. Mai 1992 bekannt. Es hieß, Sony würde auf ihr breites Arsenal an Schauspielern, Tonspezialisten und Filmen zurückgreifen, um Spiele für Segas im Herbst erscheinende CD-Erweiterung des Genesis zu produzieren. Tatsächlich hatte Michael Schulhof bereits 1990 für fünf Millionen Dollar die Rechte für vier Full-Motion-Video-Games gekauft, die ursprünglich für Hasbros Nemo gemacht wurden. Eine VHS-Kassetten-basierende Spielkonsole die ebenfalls nie erschienen war. Sony versuchte dieses Verlustgeschäft nun in Gewinn zu verwandeln und Sega war begierig neue Partner ins Boot zu holen. Also finanzierte Tom die Umwandlung von Night Trap, Sewer Shark sowie die beiden Make My Video Titel: Marky Mark und INXS für den Sega CD Launch im Oktober 92.

Das Sega Mega CD selbst, machte in seiner Entstehungsphase zahlreiche Veränderungen durch. Sega Japan hatte es ursprünglich als kostengünstige CD-Erweiterung geplant, die seitlich an das Mega Drive angesteckt wurde. Segas Automaten waren bereits ein Jahr zuvor für ihre Hardware-Sprite-Skalierung und -Rotation bekannt. Ein Features, welches in Form eines neuen Grafikchips mit in die CD-ROM Erweiterung fließen sollte. Das machte den Erweiterungsslot des Mega Drives aber zum Flaschenhalz des Datenaustausches zwischen Prozessor und Grafikchip. Weshalb Sega einen zweiten Motorola 68.000 Prozessor ins Mega CD implementierte, der sogar 30% schneller getaktet war. Zeitgleich überarbeitete NEC ihre bereits vier Jahre zuvor veröffentlichte CD-Erweiterung der PC-Engine. Um mit dem neuen NEC „Super CD-ROM“ mithalten zu können, hob Sega den Speichervorat des Mega CDs von den geplanten 128 BK auf 768 KB an. Was für damalige Spielkonsolen immens viel war. Das machte das Mega CD von seinen Innereien her quasi zu einer eigenständigen Spielkonsole und hob den Preis von den anfänglich geplanten 120$ – 150$ auf 300$ an. Dreimal so viel wie das Genesis mittlerweile in den USA kostete. Entsprechend schleppend verlief der Launch. Bis zu Jahresende verkaufte Sega of America 200.000 Sega CDs. Das obwohl Sega und Sony die Erweiterung stark bewarben. Sega arrangierte beispielsweise, dass der 10-jährige Cory Fox aus Long Island Sewer Shark in ABCs Frühstücksfernsehen spielte. Eine Demonstration, welche Sony wiederum Manhattans Bewohnern auf ihrem 70 m² Jumbotron Display am Times Square zeigte.

Yuji Naka, Yu Suzuki und Mark Cerny hatten in den Anfängen des Master Systems in einer kleinen Kammer bei Sega of Japan begonnen und mit der Zeit ihre eigenen Teams oder sogar Studios erhalten. Yu Suzuki leitete AM2, Yuji Naka hatte sein AM8 und Mark Cerny … nun Mark kehrte in die USA zurück. Denn Sega war selbstverständlich schon beim Launch des Genesis bewusst gewesen, dass sie Programmierer in Amerika brauchen würden. Deshalb hatte Michael Katz, Toms Vorgänger, damals angeregt, japanische Entwickler wenige Monate in die USA zu schicken und dort junge amerikanische Universitätsabsolventen anlernen zu lassen. Auf diese Weise entstand 1990 das Sega Technical Institute in Palo Alto, mit Mark Cerny als Chef. Man könnte sagen, für Mark ging es Berg auf.

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