Ähnliche Probleme plagte die Vision des Spiels. Zu Infinity Ward Zeiten, war Jason der stete Ansprechpartner gewesen, welcher immer eine Vorstellung des fertigen Spiels vor Augen hatte und auf beinahe jede Design-Frage eine Antwort wusste. Doch die nahende Gerichtsverhandlung, welche ihn und Vince mehrere Milliarden Dollar kosten könnte, beanspruchte Jason dermaßen, dass er selbst für die kleinsten Belange ausfiel. Ende Juli 2011 reichte es Designer Steve Fukuda. Er nahm die Dinge selbst in die Hand.
Genau wie Mackey, war Steve einer der ersten fünf Medal of Honor Entwickler zu 2015 Zeiten gewesen. Aus seiner Vision war der Allierten-Ansturm auf Omaha Beach entstanden, was ihn zum leitenden Level-Designer der Call of Duty Reihe und Titanfall machte. An diesem schönen Sommertags Morgen demonstrierte Steve dem Respawn Team seine Story-Boards, eines möglichen Einstiegs-Levels samt Charakteren. Er beschrieb ein Raumschiff, das versuchte zu starten, während außerirdische Kreaturen darüber herfielen. Eine vierköpfige Squad, hielt sie mit humanoiden Robotern in Schach, sodass der Spieler von einem Geschützturm aus darauf feuern konnte. Einige Salven später kletterte er in seinen Titan und schlug die Kreaturen damit zurück. Dem Schiff gelang der Start, doch die Schlacht setzte sich im Flug fort. Bis sich auch der Titan nicht mehr der Übermacht erwehren konnte, vom Schiff sprang und durch die Wolkendecke des Planeten stürzte. Er bruchlandete in einen Sumpf. Wasser ins Cockpit eindringend, blieb dem Spieler keine andere Wahl, als sich hinaus zu schleudern und den mysteriösen Planeten allein zu Fuß zu erkunden.
Steve beschrieb eine Kinoreife Spielerfahrung, die auf einem Nenner mit Call of Duty: Modern Warfare 2 war. Selbstverständlich ließ das immer noch Fragen offen, aber Respawn war zumindest einen Schritt weiter.
Wenige Tage später stürmte Vince wutentbrannt in Jasons Büro. Die beiden verstanden sich ihre ersten gemeinsamen Infinity Ward Jahre blendend. Doch eines Tages bekam ihre Beziehung einen ersten Knacks. Beide hielten die Beziehung am Leben, indem sie sich unterschiedlichen Gebieten widmeten. Vince kümmerte sich fortan um die Geschäftsführung, während Jason die kreative Leitung der Spielentwicklung übernahm. Aber der neuerliche Druck ihrer Verhandlung potenzierte die Probleme und an dem Tag reichte es Vince. Er drohte alles hinzuschmeißen und Jason mit Respawn alleine zu lassen, wenn sich dieser nicht zusammenreißen und ums Spiel kümmern würde. An dem Tag wurde Steve Fukuda der neue Titanfall Game Director.
Call of Duty verfügte über eindrucksvolle Kampagnen mit atemraubenden Zwischensequenzen. Aber sie erstreckten sich lediglich über sechs oder sieben Stunden. Was die Spielreihe zum Kassenschlager-Phänomen machte, war der konkurrierende Mehrspieler-Modus. Für Titanfall wollte Multiplayer-Designer, Todd Alderman, diese Erfahrung auf einen ganz neuen Level bringen. Der Spieler sollte darin nicht nur seinen Titan steuern und daraus aussteigen können, sondern zusätzlich Fire-Teams aussetzen. Eine vierköpfige Gruppe verschiedener Klassen, zwischen deren Kontrolle er mit dem Steuerkreuz wechseln konnte. Die gerade nicht Spieler-kontrollierten Soldaten sowie der Titan wurden automatisch von der KI übernommen. Dem Titan-Piloten stand außerdem eine neue Waffe zur Verfügung, die Vortex-Gun. Angelehnt an District 9, saugte sie Kugeln auf, die gegen den Spieler gerichtet waren und schoss sie zurück auf die Feinde. Dieses Gameplay verpackte Respawn in einer ersten Demo, die sie EAs damaligen Chefs, Patrick Soderlund und Laura Miele, darboten. Beide zeigten sich äußerst beeindruckt. Was besonders bei Patrick Soderlund einiges hieß, schließlich war er ebenso der Chef von DICE und kannte sich äußerst gut auf dem Gebiet aus. Respawn Entertainment besaß also ein ungefähres Konzept für die Single-Player Kampagne und die Art des Multiplayer Modes. Die Frage war jedoch, ob das mittlerweile 76-Mann-Team all das in gut 13 Monaten realisieren konnte?
Wenige Monate verstrichen, dann näherte sich die Gerichtsverhandlung mit Activision. Jason und Vince hatten tagelang mit Beispiel-Jurys geprobt. Dennoch war Jason alles andere als wohl bei dem Gedanken, drei Tage im Zeugenstand Fragen ausgeliefert zu sein. Zur Erleichterung aller, kam es nie dazu. Drei Tage vor dem Beginn, am 31. Mai 2012, bot Activision eine außergerichtliche Einigung an. Was beide Parteien an dem Tag festlegten, wurde nie Publik. Aber sowohl den 39 Angestellten als auch den beiden Firmenbesitzern fiel ein Stein vom Herzen. Alle 41 nahmen die folgenden drei Wochen Urlaub. Vince verbrachte diesen Zuhause bei seiner Familie und Jason auf Hawaii. Doch nach all dem Ärger der beinahe zweieinhalb Jahre, konnte Jason es kaum abwarten, wieder ein Spiel zu designen. Er kehrte bereits nach zehn Tagen ins Büro zurück und berief am Urlaubsende aller eine Besprechung ein, die er „Come to Jesus“ betitelte. Jason war nicht entgangen, dass gewisse Team-Mitglieder mit anderen nicht klar kamen und so bat er alle reinen Tisch zu machen, bevor sie mit der gemeinsamen Arbeit fortfuhren. Doch zu Jasons Überraschung, bezog sich die Kritik aller auf ihn! Jeder beschimpfte ihn dafür, dass er beinahe zwei Jahre keine Zeit für sie gehabt hatte. Ihm wurde allmählich klar, dass die Dinge nicht mehr zum Infinty Ward Zustand zurückkehren würden.
Mitten im Sommer 2012 kam die Stunde der Wahrheit. Vince und Jason verkündeten Electronic Arts das, wovor sie sich schon so lange fürchteten. Schließlich konnte das Folgende bedeuten, dass sie EA Rechte an ihrem Titanfall IP zugestehen mussten. Vince erläuterte John Riccitiello, EAs neustem Oberhaupt, dass Titanfall zum geplanten Zeitpunkt lediglich für die Xbox One erscheinen würde. Ein Umstand, der u.a. darauf zurückzuführen war, dass Microsoft mit den Spezifikationen ihrer kommenden Konsole an Respawn herangetreten war, während Sony nichts über ihre Playstation 4 bekanntgeben wollte und auf die Playstation Vita für Titanfall verwies. Es sollte eine 13-monatige Exklusivität für Microsofts Konsole geben und dann PC sowie Playstation 4 Portierungen folgen. Darüber hinaus sollte Titanfall ein reines Multiplayer-Game werden. Jason zeigte sich sowohl damit als auch dem gesamten Kurs des Spiels nicht einverstanden und bat gleichzeitig von seinem Vertrag entbunden zu werden. Um das alles noch zu toppen, bat Vince EA um mehr Geld für die Fertigstellung. John Riccitiello wusste nicht so recht, wie er darauf reagieren sollte, forderte das Duo jedoch auf, es noch einmal miteinander zu versuchen.
Letztlich resultierten zwei Dinge aus dieser Besprechung. Zum ersten schloss Electronic Arts einen Exklusiv-Vertrag mit Microsoft ab, damit diese Titanfall mitfinanzierten. Eine Übereinkunft, von der Vince Team erst während der E3 2013 Präsentation erfuhr. Zum anderen führte Jasons bockiges Verhalten, einschließlich eines „Notfall-Urlaubs in Disneyland“, zu seiner Entlassung am 1. Februar 2013. Jason gönnte sich daraufhin eine längere Auszeit von der Spiele-Industrie und schloss sich anschließend Fortnite Entwickler Epic Games an.
Was Titanfall anging, wurde es zum besten Spiel besagter E3 gewählt. Eine Auszeichnung, die Respawn Entertainment extrem in der Verwirklichung ihrer Vision bestärkte. Das Spiel durchlebte die folgenden Monate zahlreiche Änderungen. Die Fire-Teams wurden gestrichen, der Spieler begann Multiplayer-Matches nicht in seinem Titan, sondern musste ihn sich erkämpfen, da dauerhafte Matches in diesem sich zu lange hinzogen. Die Vortex-Gun wurde zum Vortex Schild des Titans umfunktioniert und die anfänglich geplante Teamgröße von 12 vs 12, schrumpfte Stufenweise auf 6 gegen 6. Ungeachtet dessen wurde das Endprodukt zum erfolgreichsten neuen IP in Electronic Arts gesamter Firmengeschichte. Seine Durchschnittswertung pendelte sich ähnlich Call of Duty bei 86 Punkten ein. Titanfall gewann über 60 Auszeichnungen. Zwar übertrumpfte die Multiplayer Kampagne laut Kritikern nicht die Call of Duties, doch das Spiel verkaufte sich beim März 2014 Release immer noch gut zehn Millionen mal.